Schönen guten Abend!
Ich habe heute wieder Selbstreflexion betrieben. Dieser Sonntag ist das Ende des zweiten 4-Wochen-Plans, den ich mir aufgestellt habe und es heißt für mich heute Resumée ziehen - nicht nur über diese letzten 4 Wochen, sondern über die letzten Monate. Ich möchte in dieses Posting nicht nur trainingstechnische sondern ganzheitliche Erkenntnisse einbauen, die sich auf die meisten Bereiche meines Lebens erstrecken. Warum ich das mache? Weil ich der Überzeugung bin, dass das Leben ein großes Ganzes ist und es nur gemeinsam funktionieren kann - eine Dysfunktion in einem Lebensbereich, die mir mentale Probleme bereitet, wirkt sich unmittelbar auf andere Lebensbereiche aus und zieht mich ganzheitlich in den Keller. Noch dazu kommt der Punkt, dass ich mir selbst wichtig genug bin, darüber zu schreiben, was ich mir dadurch beweise, es anzusprechen. Nicht zuletzt jedoch ist es die Möglichkeit des Inputs von eurer Seite, die mich alle relevante Information zusammen tragen lässt. Ich würde mich sehr freuen, Hilfestellungen zu bekommen - vor allem bei der Konstruktion eines 'endgültigen' Makrozyklus.
Ich möchte den Eintrag in drei Punkte gliedern:
1. Resumée der letzten vier Wochen
2. Resumée der letzten Monate (Oktober 2007 - April 200
3. Erkenntnisse und neue Ziele
1. Resumée der letzten vier Wochen
Zuallererst will ich den Trainingsplan voraus schicken, den ich verwendet habe.
Trainingsplan
[TE I | TE II]
2x die Woche: 10/8/6 WH mit steigendem Gewicht. Maximale Belastung. Kadenz je nach Übung entweder 1-2 oder 3-1-3.
[TE I KA | TE II KA]
2x die Woche: 15/15/15 WH mit dem selben Gewicht. Niedrige Kadenz zwischen 1-1 und 1-2.
2-3x die Woche Laufen.
2-3x die Woche Yoga-Asanas.
TE I:
Kniebeugen
Klimmzüge
Bankdrücken
Dips
Bauchtraining
TE II:
Kreuzheben (Stiff-Leg)
LH Rudern vorgebeugt
Überzüge
Pushpress
MO: TE I
DI: TE I KA
MI: -
DO: TE II
FR: TE II KA
SA: -
SO: -
Laufen und Yoga wurde nach Gutdünken integriert.
Erfahrungen
Bei vergleichsweiser geringer Last war die Belastung doch spürbar, durch die hohe Kadenz der Übungen. Zeittechnisch bin immer im richtigen Rahmen geblieben (40-50 Minuten), das Krafttraining war gut und hat Spaß gemacht, manchmal jedoch unangehme Stellen am Körper hinterlassen - gerade der Rücken beschwert sich seit einigen Tagen - ich denke, dass beim Stiff-legged deadlifting die Ausführung nicht korrekt war und ich hier entweder besser aufpassen muss oder es lassen sollte. Gerade nach den Kraftausdauer-Einheiten war ich öfter etwas durch den Wind durch die vielen Wiederholungen, die ich allerdings selten genug erquält habe - ich bin nicht hart genug gewesen.
Probleme
Das Laufen und Yogieren hat sich nicht in den Plan integrieren lassen. Ich habe weder Yoga noch das Laufen öfter praktiziert, beides ist ziemlich verkümmert, was eigentlich traurig ist. Beim Laufen waren es hauptsächlich die Probleme in der unteren Beinpartie, die mich immer wieder davon überzeugt haben, doch nicht Laufen zu gehen, was möglicherweise genau das falsche Verhalten war.
Dem Gefühl nach war es insgesamt 'zu wenig'. Zu wenig Schweiß, zu wenig Anstrengung über das Limit. Zu wenig Anstrengung, um mir selbst mein Essen abends zu legitimieren. Ich hatte oft das Gefühl, ich dürfe nichts essen, weil ich 'nichts' getan habe. An manchen Tagen traf das erschreckenderweise sogar zu. Ich habe ein grandioses Problem mit der Motivation für viele Einheiten. Das Krafttraining ist nicht der Konfliktherd, dieses absolviere ich einfach, es nähert sich dem Automationszustand an. Aber Laufen oder - noch viel schlimmer - Yoga sind Dinge, zu denen ich mich kaum begeistern kann - erst, wenn ich drin bin, fängt es an, wieder Freude zu machen. Doch es ist vor jeder Einheit das selbe Spiel - Blockade und psychische Selbstmanipulation. Weit weg davon, vorbildhaften Status einzunehmen. Das Blöde ist, dass es mir in jedem Lebensbereich so geht. Zu wenig Konsequenz in der Anstrengung, mein Leben nach meinen Wünschen zu gestalten. Deswegen ärgere ich mich auch immer darüber, dass es suboptimal ist - weil ich sehr schnell umfalle und dem 'einfachen Weg' den Vorzug gebe, zB statt dem Lauf den PC einschalte und mir im Hinterkopf eine Ausrede überlege. (Wie heute Morgen passiert) Kennt jemand dieses Problem bzw. kennt es jemand nicht? Es ist wohl recht geläufig. Eure Taktiken hier wären sehr interessant zu hören.
Ernährung
Jeder Tag, den ich nicht nach Warrior Diet zubringe, ist eine einzige Odysee. Sobald ich zu essen beginne, fühle ich mich elend, kann aber gleichzeitig nicht mehr aufhören, Nahrung in mich hinein zu pumpen. Nächsten Morgen bin ich wieder hungrig - ein Teufelskreis. Glücklicherweise ist die Mehrzahl der Tage ein klassischer Kämpfertag. In Zukunft zu 100%, so lecker das Mittagessen auch wirken mag. Mein Körper hat sich heute ca. 10 Minuten nach dem Essen furchtbar gerächt.
2. Resumée der letzten Monate
Ich möchte nach diesem Rückblick auf die letzten Tage nun doch etwas weiter zurück schwenken und überblicken, was sich in den letzten Monaten getan hat, um darüber zu sinnieren und daraus zu lernen. Das Stichwort der letzten Monate ist für mich sehr klar und deutlich, es tut mir auch ziemlich weh.
Stagnation.
Ich hatte im letzten Herbst Kraftleistungen, die den heutigen locker das Wasser reichen können, wenn nicht besser sind. Ich habe den Eindruck, ich wurde in den meisten Disziplinen seither schlechter und konnte mich nicht mehr steigern. Davon ausgenommen sind Disziplinen wie Klimmzüge oder der L-Sit, den ich jetzt seit ein paar Wochen doch einige Sekunden halten kann. Gelaufen bin ich auch schon viel besser, als ich das heute tue, auch aufgrund der mangelnden Disziplin in meinem Lauftraining. Wer einmal die Woche ein paar Kilometer läuft, braucht sich keine Verbesserung seines Zustandes erwarten.
Um es kurz zu machen: Es frustriert mich. Ich habe sehr viel bezahlt für den Sport in den letzten Monaten, das ich mir jetzt zurück erarbeiten muss. Es ist vor allem die Schmerzfreiheit, die ich nicht mehr besitze. Ich kann kaum noch gehen ohne dass mir etwas weh tut. Meine Beine sind noch lauffähig, aber sie sind doch schwerfälliger und bleihaltiger als sie das einmal waren. Mein Rücken beschwert sich mittlerweile besonders gern. Irgendwie ist es wie eine Strafe von oben dafür, dass ich mir ein und ein halbes Bein ausreiße, um Fortschritte zu erzielen. Bei der Dehnübung, die verlangt, den Fuß in Richtung Gesäß zu heben, bekomme ich den Fuß nicht einmal mehr in die Nähe meines Hinterteils - der Muskel des Oberschenkels erlaubt mir gar keine weitere Bewegung. Beim Aikido soll auf auf meinen Beinen sitzen und kann das kaum, weil die Dehnung eine Tortur ist. Andere, für die meisten ganz alltäglichen, Bewegungen sind mir mittlerweile auch unzugänglich und ich komme mir einmal mehr vor wie ein Krüppel. Das Fazit ist, dass ich einen Körper habe, der nicht danach aussieht, als wäre er trainiert und mein gesundheitlicher Zustand ein einziges schwarzes Loch darstellt. Das habe ich mir selbst eingebrockt. Aber ich kann damit nicht länger leben. Das ist nicht, was ich mir unter sinnvoller sportlicher Betätigung vorstelle. Und deswegen ist eine Änderung der einzig sinnvolle Weg.
3. Erkenntnisse und neue Ziele
Erkenntnisse
Ich werde meine Erkenntnisse jeweils in Form eines kurzen Satzes darstellen, wenn möglich - als Quintessenz der Sache an sich.
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Danach fühle ich mich großartig, doch davor ist es wie ein Weltuntergang.
Ich habe Schwierigkeiten damit, mir meinen Sport zu erlauben.
Das schlechte Gewissen, für mich etwas zu tun, zeigt sich persistent.
Wenn keine optischen Ergebnisse sichtbar sind, verliert sich der Elan rasch.
Lange Einheiten bei niedriger Intensität sind eine wahre Geduldsprobe.
Es gehört zu den geilsten Sachen, wenn man so sehr schwitzt, dass das Wasser sprichtwörtlich schon auf dem Boden steht.
Je höher die Intensität, desto größer der Spaß.
Die Schmerzgrenze nach oben zu treiben ist retrospektiv eine der besten Erfahrungen.
Leistungssteigerungen motivieren ungemein.
Um Leistungssteigerungen zu erzielen muss ein langes Plateau durchwandert werden.
Sich selbst zu lieben stellt sich als schwierig heraus, wenn Vieles schief geht.
Die Abfolge von schlechten Ergebnissen und geringer Motivation ist eine Abwärtsspirale.
Um Essen genießen zu können, muss ich an diesem Tag bereits kapital ausgepowert haben.
Keine Schmerzen zu haben ist mir wichtiger als hohe Gewichtsleistungen.
Lieber möchte ich beweglich wie ein Gummiband sein, als meine Gewichte zu erhöhen.
Ich mag meinen Körper, wenn er schlank ist. Es braucht keine Masse, nur messerscharfe Definition.
Mich faszinieren Martial Artists, Turner und BWE-Spezialisten - diese funktionale Kraft beeindruckt mich oft mehr als hunderte Kilogramm Eisen zu stemmen.
Ich bin dankbar dafür, ein eher ektomorpher Typ zu sein.
Viele Übungen brauchen keine sonderliche Zusatzbelastung, um eine Herausforderung zu sein.
Hypertrophie-Training schlägt bei mir keinen Millimeter an.
Ich habe keine besondere Lust, riesige Kalorienmengen zu essen.
[ ... ]
Diese Liste könnte ich fortführen. Doch ich bin mit dem Brainstorming soweit zufrieden.
Neue Ziele
Ich kann aus meinen Erkenntissen meine Ziele sehr einfach und direkt ableiten, wie ich finde. Ich bitte darum, mich einzubremsen, wenn ich falsche Schlüsse und Annahmen aufstelle.
Schmerzfrei werden - jeder Wunsch wird klein gegen den, gesund zu sein.
Klimmzüge, 12 Stück, breiter Obergriff - eine der Übungen, die mich ungemein fasziniert, aber von mir nicht so hingebracht wird, wie ich sie möchte.
Körperkontrolle, Flexibilität - am liebsten möchte ich mich in jeder Lage biegen und wenden können, wie ich es brauche, und dabei die nötige Kraft entwickeln.
Kurze und mittlere Strecken (< 10 km) schnell laufen - zur Beweglichkeit die notwendige Agilität entwickeln
Mein Ego besiegen - es hält mich davon ab, möglicherweise das Eisen aufzugeben und rät mir dazu, Yoga sein zu lassen, es lässt mich mir blöd vorkommen, wenn ich etwas tue, was nicht dem Klischeetraining entspricht
Eine andere mentale Einstellung zu meinen Aufgaben - sei es Training oder Studium - entwickeln. Für mich plätschert es oft einfach so dahin, es fehlt der Fokus und das Ziehen von Grenzen, wenn es um die Erledigung von Aufgaben und die Ablenkung davon geht.
Methoden
Hier kommt meine Hauptfrage wieder ins Spiel. Ich brauche Unterstützung dabei, einen neuen Trainingsplan im Sinne eines Makrozyklus, den ich etwa ein Jahr verfolgen kann, aufzustellen, der mit meinen Zielen korreliert. Für mich sehen meine Ziele danach aus, als solle ich das Eisen für eine gewisse Zeit nicht mehr ins Zentrum meines Trainings stellen, sondern mich besonders an BWEs und Yoga orientieren, mit Laufen als Draufgabe.
Mein Ego meint dazu, dass diese Art des Trainings meinen Körper verkümmern lasse, mein KFA rasant steigen würde und ich furchtbar unförmig und fett werden würde. Dieses Argument kann - so denke ich - doch sicher auf eine Art und Weise negiert werden, nehme ich an? Ich habe zugegeben einen schweren Horror davor, noch weitere Rückschritte in meiner Körperentwicklung zu machen, da ich doch etwas darauf gebe, wie ich aussehe und auch optische Ziele habe (sichtbare Bauchmuskulatur, wenig subkutanes Fettgewebe, sehr definierter Look bei 7-8% KFA als Langzeitziel).
Eine alternative Frage wäre dann noch die Frage nach Kettlebells, von denen ich viel gelesen habe und die mich ebenfalls fasziniert haben. Wer hat damit Erfahrung und kann mir darüber berichten, ob sie für meine Zwecke Sinn machen - funktionale Kraft und Körperbeherrschung aufzubauen? Der Versuch von Swings mit einer 5-kg-Scheibe als Substition einer Kettlebell wirkte auf mich bereits recht anstrengend.
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So verbleibe ich mit vielen Fragezeichen und keiner so ganz konkreten Idee davon, wie die nächsten Monate aussehen werden. Ich freue mich sehr auf Rückmeldung, da ich doch gewissermaßen ein wenig davon abhängig bin. Ich bin mir allerdings sicher, dass ich hier auf MC den notwendigen Input bekommen werde, um einen Schritt nach vor machen zu können.
Viele liebe Grüße und danke für die Geduld, das Posting durchgelesen zu haben
ishina