@PowerWheel :
erstmal eines: Ich versuche nur diverses, was ich bisher gelesen und gehört habe in Einklang mit dem zu bringen, was ich für richtig halte. Und ein gewisses Grundverständnis habe ich ja selbst auch, vor allem eines, nämlich dass man Definitionen und Dogmen auch mal anzweifeln darf (bei einer Definition nicht die Definition an sich, denn die ist meistens stichhaltig, aber sehr wohl deren Nutzen, Vollständigkeit und Übertragbarkeit).
Natürlich kenne ich die von Dir hier zitierte Definition, und ich zweifle auch nicht an, dass sie für bestimmte Anwendungen nützlich sein kann (auch wenn man dafür die Definition an sich nicht braucht). Mir sind auch die Begriffe Kokontraktion und Ein- bzw. Mehrgelenkigkeit nicht unbekannt, die Du jetzt in den Raum wirfst, allerdings folgen diese eventuell aus einer Trainingsvorgabe, aber sie definieren diese nicht. Jedenfalls nicht so, wie ich es gemeint habe.
Ich versuche das nochmal Stück für Stück: wenn ich funktionell sage, rede ich nicht vom Functional-Wahnsinn, sondern davon dass Muskeln so benutzt werden, wie sie auch in einer Alltagsbewegung benutzt werden könnten. Schulterdrücken ist für mich funktionell, genauso Bizepscurls im Stand, während Pultcurls eher unfunktionell sind. Natürlich hat das auch was mit Kokontraktion und Mehrgelenkigkeit zu tun, aber eben in Folge und nicht per Definition. Ich sage auch nicht, dass Pultcurls schlecht sind. Aber eben unfunktionell.
Und so komme ich zu der Definition einer offenen bzw. geschlossenen Kraftkette, wie sie die Dozentin damals vertreten hat (Sportwissenschaftlerin, keine Physiotherapeutin -> vielleicht auch daher unterschiedliche Ansätze). Hier ging es darum, dass die Kraftkette geschlossen ist, wenn nicht durch eine Maschine Stabilisierungsarbeit erfolgt. Das ist physikalisch absolut korrekt und für mich eben ein Indiz für die oben erläuterte Funktionalität der Übung.
Du wirst mir Recht geben, dass das alles nicht falsch ist, nur eben anders, und damit nicht der gängigen Definition entsprechend, die Du kennst. Ich will auch gar nicht über Definitionen streiten. Die sind IMMER richtig, genauso kann ich definieren, dass "rot" jetzt "tor" heißt, das ist widerspruchsfrei und damit richtig, nutzt aber nichts.
Ich glaube der Ursprung unseres Aneinander-Vorbeiredens ist einfach, dass die Beinpresse als denkbar schlechtes Beispiel herhalten muss, und da widerspreche ich Dir, die ist meines Erachtens i.d.R. geschlossene Kette gem. der gängigen Definition. Eine freie Beweglichkeit der Beine ist nicht gegeben, da sie auf einer festen Plattform stehen. Ob sich nun die Platform vom Sitz weg bewegt oder der Sitz von der Platform ist lediglich konstruktionsbedingt und stellt biomechanisch / statisch / physikalisch nicht den geringsten Unterschied dar. Ich habe beim googeln überwiegend Stellen gefunden, wo sie als offen bezeichnet wird, wenn sich das Fußteil bewegen lässt, aber auch die gegenteilige Aussage, aber ich bin der Meinung dass die Urheber einfach blind abschreiben, denn die Anwendbarkeit dieser Definition auf die Beinpresse ist schlicht nicht gegeben bzw. nicht zielführend, weil in Wirklichkeit BEIDE Extremitätenenden, distal und proximal, fixiert sind. Die Tatsache, welches Ende sich nun im Raum bewegt ist für die Muskelaktivität und die Gelenkbelastung irrelevant.
Das mit der "freien Beweglichkeit" des distalen Extremitätenendes ist ja auch schon ein großer Unterschied, ob ich Maschine, eine Langhantel oder Kurzhanteln benutze, von daher ist mir diese Definition einfach viel zu pauschal. Ich weiß jetzt, dass Schulterdrücken offene Kette und Handstandpushups geschlossene Kette sind, aber was nutzt es für das Training? Dass das distale Segment in der "offenen Kette"-Übung "Brustpresse" eine wirklich "freie Bewegung" durchführen kann zweifle ich ebenso an. Nochmal ganz wichtig: die "Definition" ist unumstößlich korrekt egal wie man es definiert. An der Sinnhaftigkeit und Übertragbarkeit auf jede Übung, und vor allem auf Maschinentraining hapert es jedoch. Und was ist eigentlich Kreuzheben? Oder rumänisch Kreuzheben? Von welcher Extremität sprechen wir eigentlich um die Einordnung vorzunehmen? Die, die die Last statisch hält (Arme) oder die die dynamische Arbeit ausführt (Beine)? Und wo liegt bei der Beinpresse eigentlich die Last? Am Sitz oder an den Füßen? Verwirrend, oder?
Ach ja, und absolut kein Thema, ich nehme das nicht persönlich. Tu Du es auch bloß nicht! Ich nehme gern mal Positionen ein, wo alle anderen erstmal schreiben "falsch, Blödsinn, stimmt nicht", sehe es aber auch gern, wenn einzelne merken, dass das gar nicht so blöd ist...