AW: der grüne Tee-Thread
Kannst du da vllt mehr erzählen, wenn du bissl Zeit findest? Ich finde sowas unglaublich interessant und denke, dass das auch für die meisten anderen Leser zumindest Themenrelevanz hat
Kurz zur Einleitung: Man muss sich vorstellen, dass die DNA nicht nur aus den jeweiligen Ribonucleotiden besteht, die in Reinform daliegen, sondern dass viele Nucleotide, ob am Zucker oder Base selbst mit Liganden substituiert sind. Häufige Liganden sind Acetylgruppen, Methylgruppen, gelegentlich Amingruppen. Durch die chemischen Effekte, die diese zusätzlichen Liganden auslösen kann z.B. die DNAstruktur gelockert oder gespannt werden. Somit kann die DNA endweder leichter oder schwer transkribiert(abgelesen) werden, wodurch schlussendlich Proteine entstehen. Die Auswirkungen auf die Transkription ist nur ein Wirkungsbeispiel, es gibt noch das ein oder andere, aber das geht schon tief in die Brühe hinein.
Also grob gesagt funktioniert das ganze wie im Bienenbeispiel: Zwei weibliche Bienenlarven haben exakt das gleiche Genom, jedoch wird eine Larve zur Arbeiterin, die andere wird zur Königin: Warum? Es liegt an der Nahrung, die beide Larven bekommen, die hier mal unrelevant ist. Die Folge ist, dass das Methylierungsmuster der DNA einer werdenden Königin anders ist, als das einer gewöhnlichen Arbeiterin. Eine Methylierung (also quasi eine Substitution eines Liganden, meist ein "H" durch ein "CH3") kann verschiedene Auswirkungen haben. Sie kann das Chromatin (die DNA Verpackung) auflockern und damit die Transkription erleichtern, oder aber die Chromatinstruktur spannen und diese T. damit erschweren. Acetylgruppen zum Beispiel lockern die Chromatinstruktur immer.
Bei Methylgruppen ist das anders. Acetylgruppen wirken alleine, Methylgruppen wirken nur, im Ganzen, man muss also die Wechselwirkungen der Methylgruppen untereinander zusammen berücksichtigen und kommt schließlich auf einen Effekt. Nimmt man eine Methylgruppe an Position X weg, kann der bisherige Effekt sogar umgekehrt werden, wenn Stelle X eine entscheidende Stelle war.
Und jetzt zum Interessanten: Vor den abzulesenden DNA-Strukturen liegen DNA-Teile, die zumeist Cytosin-Guanin-Paar dominiert sind. Methylgruppen am Cytosin haben in diesem Fall meistens eine silencefunktion für das nachfolgende Gen. Somit wird es nicht abgelesen. Eine Demethylierung führt zur Aktivierung des Gens!
In diesem Fall hängt es also davon ab, ob Methylierungen vorhanden sind oder nicht, ob z.B. ein Enzym hergestellt wird.
Um beim einfachen Beispiel der Methylierungen zu bleiben ist folgendes Beispiel für ihr Auftreten und ihre Vererbung (!) anschaulich.
Man hat folgenden Sachverhalt analysiert: Eine Familie, die teilweise in Konzentrationslagern von Nationalsozialisten inhaftiert waren und somit Jahre des Magerns hinnehmen mussten, andere nahe Verwandte mussten jedoch nicht ins KZ und damit nicht Magern. Erstaunlich ist, dass die Kinder und Kindeskinder der untersuchten Frauen mit einem sehr geringen Geburtsgewicht und generell geringen Gewicht im Leben zur Welt kamen und lebten. Die Kinder der nahen, nicht inhaftierten Verwandten wiesen stets Normal bis Übergewicht auf. Bei der Untersuchung kamen überdies ein verschiedenes Methylierungsmuster heraus.
Somit kann man den Zusammenhang zwischen zugeführter Nahrung und einer etwaigen Änderung bzw Beeinflussung auf das Methylierungsmuster und damit auf entscheidende Faktoren des Phänotyps und der Gesundheit beweisen!
Grüner Tee ist v.a. durch das japanische Paradoxon ein Thema in der Epigenetik. Japanisches Paradoxon heißt einfach, Japan ist ein hochindustrialisiertes und sehr hektisches Land mit überfüllten Ubahnen etc und trotzdem werden die Menschen dort sehr alt und die Krebsrate ist niedrig. Wieso? Grüner Tee! Grüner Tee verhindert u.a. das Abschalten von Tumorsuppressorgenen im Alter durch Demethylierungen am Cytosin (manchen von euch ist vielleicht p53 ein Begriff). Somit sinkt die Krebsrate und automatisch die Lebenserwartung der Bevölkerung.
Methylierungen am Cytosin führen auch manchmal zu Mutationen. So kann eine Methylierung am C5 des Cytosin zu einer Umwandlung in Thymin führen. Da einerseits dadurch der proteinogene Code verändert u.U. ein Protein funktionsunfähig wird und überdies Thymin nicht mit Guanin paart, kann eine Methylierungsmutation zu Schäden in der DNA, evtl sogar DNA-Brüchen führen. Dies v.a. auch deshalb, da ein der Cytosinreichen Region eine Mutation 2er benachbaarter Cytosine zu Thymin ein Thymindimer zur Folge haben kann, welches der DNA-Struktur schwerste Schäden zufügt.
Grüner Tee verhindert dies!
Einen Effekt gleicher Sorte werden wohl einige Lebensmittel überdies noch haben. Leider ist die Epigenetik noch ein sehr unüberschaubares Wissensschaftsspektrum mit noch nicht allzuvielen Ergebnissen.
Aber dies mal dazu, bei Fragen gern auch per PN.
Mfg