Es gibt durchaus viele Studien die pathologische Auswirkungen psychologischer Art belegen, eine recht aktuelle mit deutschen Probanden ist diese hier:
http://www.bmj.com/content/342/bmj.d738
Die Methodologie dieser Studie ist meines Erachtens bedenkenswert. Ich bin natürlich kein ausgebildeter Psychiater und meine Kenntnisse in Neurobiologie sind wohl rostig, aber ich verstehe, was es heißt, wenn die Studie von einer "breiten Definition einer psychotischen Erfahrung" spricht, die von einer Lebenszeitprävalenz einer "beliebigen Bewertung von Psychosen" (die im sogenannten
Munich-Composite International Diagnostic Interview (M-CIDI) abgefragt werden) ausgeht. Im M-CIDI werden Symptome beschrieben, die auch ohne Substanzgebrauch erfahren werden können
[1], wie die von dir geposteten Studie
[2] beweist. Tabelle 4 zeigt ebendort, dass 25% der non-user (Lebenszeitprävalenz!) solche Symptome erlebt hatten. Womit ich ein Problem habe, ist, dass die Studie nach eigenen Angaben nach "Incidence and persistence of
subthreshold psychotic symptoms after use of cannabis in adolescence" forscht, das heißt, ein Auftreten dieser Symptome registriert, selbst wenn sie unter der Schwelle eines psychotischen Symptoms sind, das heißt, selbst akut nicht behandlungsbedürftig sind.
Vereinfacht gesag untersucht die Studie Symptome, die so gut wie jeder haben kann und registriert sie sogar, wenn sie nicht einmal stark genug sind, um echte Reaktionen hervorzurufen. Das ist in etwa so aussagekräftig, als wenn ich jedesmal Influenza diagnostizieren würde, wenn ich niesen muss.
Das zweite Problem, dass ich mit dieser Studie habe ist, dass auch sie keine Angaben zur Dosierung und tatsächlichen Häufigkeit macht. Sie beschränkt sich darauf, abzufragen, ob in einem gewissen Zeitraum (in diesem Fall zwischen Baseline, T2 und T3, zwischen denen je 3.4, 4.9 und 1.6 Jahre liegen) öfter als 5 mal konsumiert wurde. Wer also innerhalb von 10 Jahren öfter als 15 mal gekifft hat, wird als regelmäßiger User erfasst. Ich bin auch der Ansicht, dass wiederholter und häufiger Konsum zu einem erhöhten Psychoserisiko führen kann, aber ich spreche hier (aus eigener Erfahrung und aus der meines sozialen Umfeldes) von täglichen THC-Dosierungen jenseits von 0,1g reinem THC inhalativer Einnahme. Das sind auch für mich "Hardcore-User". (Dein zweiter Link bezeichnet übrigens erst eine Häufigkeit von 20 Tagen pro Monat als "problematisch") Diese Hardcore-User werden in einen Topf mit Gelegenheitskiffern geworfen, die (rechnerisch) alle 7,2 Monate einen Joint rauchen und dann wird gesagt, wenn ihr nur zwei mal im Jahr kiffts, dann seids ihr anfällig für Psychosen. Das ist nicht seriös.
Drittens wurde diese Studie in einem Land gemacht, in dem der Konsum kriminalisiert ist (Deutschland). Nun, wir haben bereits festgestellt, dass soziale Dynamik beim Konsum eine große Rolle spielt und dass die Haltung der Gesellschaft, in die der Konsument eingebettet ist eine signifikante Rolle spielt, ist ebenso bekannt. Auf die Schnelle kann ich dir nur zwei Studien anbieten, die das gesellschaftliche Umfeld bei der Entwicklung von schizophrenen Störungen als wesentlichen Faktor identifizieren
[3][4] Der Mechanismus ist jedenfalls auch bei der Ausbildung von Drogenpsychosen der selbe.
Zu guter letzt wurde diese Studie dann auch noch in einem Land mit einer rechtskonservativen Regierung ausgewertet (Ja, die Niederländer haben seit 2010 so was). Also wurden die Versuche in einem ungünstigen Milieu durchgeführt und die Analyse erfolgte in einer Atmosphäre, die kaum zu progressiven Zugängen zu diesem Thema ermuntert.
Hier wird einerseits nichts erzählt, was durch die obige Studie nicht bereits behandelt wurde und dank zweifelhafter Methodologie wieder ad acta gelegt werden kann. Außerdem ist das nichts anderes als eine Auflistung von Tatsachen, die man beliebig auslegen kann.
Ein Beispiel: Der Artikel sagt, dass Cannabiskonsum mit schlechten Noten einhergeht. Nun, es fällt mir nichts leichter, als die Schuld auf das Schulsystem zu schieben, dass nicht in der Lage ist, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Seien diese Bedürfnisse einer angeborenen Deviation oder einer willentlich herbeigeführten Abweichung geschuldet, spielt dabei im Prinzip keine Rolle.
Oder: Die Behinderung der Reifung des präfrontalen Kortex in der mittleren Jugend. Aber hallo. Was ist denn eine "normale Reifung"? Wer sagt denn, dass veränderte neuronale Muster nicht zu gesteigerten Kapazitäten führen können, die bloß nicht als solche erkannt werden, weil die Gesellschaft keine Anwendungsmöglichkeiten findet? Was sagt das über die Gesellschaft aus? Und was ist überhaupt ein "Entwicklungsdefizit"? Wir bewegen uns da in Richtung Ethik und Moral. Das sind Fragen, über die sich die Philosophie den Kopf zerbrechen soll.
Was ich damit sagen will: Es ist schwierig, sich dem Thema unvoreingenommen zu nähern, weil es weite Kreise zieht. Alleine das Thema schulischer Erfolg ist ein eigenes Kapitel, zu dem sich aktuell auch in Österreich Gelehrte die Köpfe zerbrechen, was denn ein vielversprechendes Schulsystem ist (aktuell läuft in Österreich eine Bildungsdebatte). Dass eine Benotung nach aktuellem Schema oftmals kontraproduktiv sein kann, hat sich auch in konservativen Kreisen schon herumgesprochen und entzieht damit dem Argument "Cannabiskonsum verursacht schlechte Leistungen" (was ist schon Leistung?) die Kredibilität.
Eine andere Herangehensweise ist überall erforderlich. Sich stets in den üblichen Bahnen zu bewegen versagt den Fortschritt. Dass bewusstseinserweiternde Substanzen ganz andere Bahnen eröffnen, ist eigentlich wenig überraschend. Neue Entwicklungen aber nicht als Chance, sondern als Bedrohung zu sehen, ist, vor allem als grundlegendes Prinzip, fatal.
Jo und das ist zum krönenden Abschluss dann noch ein Paradebeispiel dafür, wie der Konsumkapitalismus mit neuen Ressourcen umgeht. Was das jetzt mit dem Thema zu tun hat, erschließt sich mir nicht ganz.
Eine Legalisierung von Cannabis würde mit hoher Wahrscheinlichkeit einen grösseren Konsum mit allen negativen Begleiterscheinungen, wie zB Fahren unter THC Einfluss, mehr minderjährige User die eine Risikogruppe hinsichtlich ihrer cerebralen Entwicklung darstellen, etc., nach sich ziehen.
In Tschechien haben fast die Hälfte aller Jugendlichen Cannabiserfahrung
Herst, oida, du liest dir meine Links wirklich nicht durch, gell?
Mal ganz ehrlich welchen signifikanten Nutzen außerhalb der Medizin, da bin ich für Erleichterungen, hat THC denn für den Normaluser eurer Meinung nach? Da könnte man ebensogut LSD legalisieren, ist stärker psychaktiv und hat kaum Nebenwirkungen und macht auch nicht abhängig.
Jo, eh. Sollte man. Aber die Populismuskeule musst du erstmal durchbringen. Eins nach dem anderen. Politik ist wohl nicht deine Stärke?
Gibt es denn ein Land wo Cannabinoide völlig legal und unkontrolliert sind?
Das ist jetzt das letzte mal, dass ich einen meiner Links für dich wiederhole:
http://en.wikipedia.org/wiki/Legality_of_cannabis
Dürfte in meinem Fall zur Anwendung kommen:
http://www.gesetze-im-internet.de/btmg_1981/__31a.html
War auch beim Sohn eines Freundes von mir so, als Richter hat er gewusst welcher Anwalt da was drauf hat.
Siehst du kein Problem darin, dass man hier offenbar Glück oder connections haben muss, um ungeschoren davon zu kommen? Ist diese zwei-Klassen-Gesellschaft für dich ohne weiteres hinnehmbar?
Gerade dieses Beispiel ist nur
ein Missstand, den man mit einer Entkriminalisierung beheben könnte!