Grundsätzlich stimme ich dir in allen Punkten zu.
Teilweise ist das Bild in der Fitness-Szene sehr verzerrt. Ich habe auch mal in einem Artikel mit unterschiedlichen Empfehlungen zum KFA die Aussagen von einem Personal Coach gelesen, dass Männer zwischen 8 und 10 % KFA und Frauen zwischen 15 und 20 % KFA auf Dauer haben sollten. Das ist natürlich absolut unrealistisch. Besonders bei den Männern in Deutschland haben ja schon über 50 % Übergewicht. Da wären für viele 15 % KFA schon sehr schlank und erstrebenswert.
Generell empfinde ich als Hobbysportler das Gerede von krassen Diät- und Aufbauphasen auch nicht immer als sinnvoll. Man sollte ja im Alltag funktionieren können, ohne alles z. B. einer Diät unterzuordnen. Da finde ich einen Ansatz, der langfristig Fortschritte ermöglicht und der ohne krasse Diät und Aufbauphasen auskommt als sinnvoller. Beispielweise bei moderatem KFA auf Erhalt oder in einen minimalen Überschuss gehen. Wenn der KFA dann nach einem Jahr doch etwas zu hoch wird mal einen Minicut für vier Woche machen und 3 % KFA reduzieren, dann wieder auf erhalt oder in einen leichten Überschuss. Und dann erst nach ein paar Jahren mal eine längere Diät machen oder wenn man es drauf anlegt mal für den Sommer vielleicht 6 Wochen Diät auf 12 % KFA, das dann zwei drei Monate halten und dann wieder leaner Aufbau. Ich denke, so kann man auch langfristig immer ein bisschen was aufbauen und ein normales Leben führen. Dauert dann vielleicht doppelt so lange, bis man an seinem genetischen Limit ankommt, als wenn man es zu 100 % wie ein Profibodybuilder macht, aber dafür ist man eben auch keiner.
Kürzlich habe ich auch in einem Artikel von einer Studie gelesen die gezeigt hat, dass Muskelaufbau weniger vom KFA abhängt als immer propagiert wird. Also man kann demnach auch mit einem höheren KFA auf Erhalt oder mit einem minimalen Überschuss ähnlich gut aufbauen wie in einer typischen Aufbauphase, die man mit geringem KFA beginnt. Falls ich den Artikel nochmal finde, verlinke ich ihn.
15 bis 20% für Frauen ist auch sehr unrealistisch.
Gerade der Bereich unter 20% kann für viele Frauen schon zu hormonellen Beeinträchtigungen führen wie eben Verlust der Menstruation.
Was langfristig alles andere als gesund ist - erhöhtes Risiko für Osteoporose etc.
Medizinisch ist ein gesunder KFA hierbei eher im Bereich von 22-34%.
Hängt natürlich auch vom Alter ab. Desto älter, desto höher wird diese Grenze bemessen, weil Sarkopenie mit einbezogen wird.
Bezogen auf Männer kann ein KFA im einstelligen Bereich auch zu hormonellen Dysbalancen führen, was wiederum zu Depressionen, Schlafproblemen, verminderter Libido etc führen kann.
Auch hier sind die allgemeinen Empfehlungen höher angesiedelt.
Adipositas und Übergewicht in der Bevölkerung ist hierbei ein inzwischen globales, gesundheitliches Problem.
Doch auch nicht allein nur durch Ernährungsumstellung und mehr Bewegung gleich gelöst. Oftmals stecken auch Essstörungen und andere psychologische Aspekte dahinter. Zumal gerade Adipositas ein multifaktorielles Geschehen ist - von Epigenetik, über Genetik, bis hin zu sozioökonischem Status, Umwelt etc.
Und gerade der psychologische Aspekt wird hierbei noch immer zu sehr vernachlässigt, obwohl Binge Eating inzwischen die am häufigsten vorkommende Essstörung ist.
Wie gesagt, den Trend in der Fitness Szene zu besonders shredded sehe ich auch kritisch.
Als ich noch einen KFA von 27% hatte, wurde mir nicht selten gesagt, ich sei zu fett. Wahrlich fett.
Sowas kann die Psyche negativ beeinflussen, dazu auch das eigene Bodyimage. Heute mit weniger KFA hagelt es auf einmal zig positives Feedback.
Dabei ist fit nicht gleich ein Sixpack oder sichtbare Definition.
Man kann fit aussehen, aber von gesund weit entfernt sein.
Und so kommen dann derartige abstruse "Empfehlungen" zustande, dass Frauen 15% KFA haben sollten.
15% ist nahe an stage lean. Das zeigt mal wie verzerrt selbst manche "Profis" da heute in ihrer Wahrnehmung sind.
Auch nicht selten Männer, die denken man müsse das ganze Jahr im einstelligen KFA Bereich herumrennen.
Habe ich ja oben schon gesagt, auch Bodyrecomp oder ein leaner Aufbau können eine Alternative sein.
Man muss nicht bis ins Unendliche bulken um Muskeln aufzubauen.
Denn ja, es gibt Erkenntnisse, dass sogar ein Überschuss von nur 50kcal bis 100kal ausreicht um Muskulatur aufzubauen.
Und was krasse Bulkings angeht, desto mehr KFA man dann aufgebaut hat, desto härter muss man dann auch diäten.
Was auch wieder Stress für den Körper ist.
Kenne einige Frauen, die jedes Jahr Aufbauphasen machen, dann 7-8kg zunehmen, und dann jedes Jahr 4 Monate Diät machen um diese 7kg wieder abzunehmen. Und durch den Stress negative Auswirkungen davon haben.
Das wäre auch nichts für mich dieses rauf und runter.
Dann lieber Maingaining oder leaner Aufbau, ab und an ein kurzer Minicut.
Ob das so viel nachteiliger ist, denke ich eher nicht.