AW: Rente mit 63
Starke Diskussion und echt lustig zu lesen. Von der Milchmädchenrechnung bis zum Einzelfall, wo ein Pflasterer tatsächlich kreativ mit dem PC umzugehen lernt, was natürlich jeder Maurer, Dachdecker usw. mit 50 problemlos schaffen und damit verallgemeinert werden kann, ist echt alles dabei, was man auch sonst am Stammtisch nebenan zu hören bekommt, wenn man in Ruhe ein Bier trinken gehen will, super!
(-böse Zungenmodus aus-)
Ich will mich gar nicht lustig machen, sehe das aber ein bisschen mit Humor, weil irgendwie jeder meint, den Durchblick zu haben und eine bessere Lösung. Ich bin überzeugt, dass sich viele Menschen in Politik und hinzugenommene Berater sehr intensiv mit diesen Dingen befassen, auch wenn es vielen im Volk vorkommen mag, als würde das einfach ausgesessen und die Honorare dafür eingesackt. Und diese Leute haben sicher auch das nötige Wissen, sodass ich nicht denke, dass hier einer denen was erzählen kann. Aber es ist ein Grundrecht vor allem der Deutschen, zu lamentieren, also weiter so, macht ja auch Spaß!
Ich habe im zeitlichen Zusammenhang mit Riester und Rürup auf einer beruflichen Veranstaltung mal einen sehr langen Vortrag von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen hören dürfen (googeln, falls unbekannt), und das ist für mich einer DER Experten zu diesen Themen. Da wurde vieles nüchtern in Zahlen klar vor Augen geführt, was sonst eher emotional diskutiert wird.
Schlussendlich ist ja klar, dass bei der Altersstruktur in unserem Land ein unbezuschusstes Umlageverfahren auf hohem Niveau nicht mehr funktioniert, so wie das bei Einführung der Rente schien. Zu den daher notwendigen klassischen Rentenkürzungen wie Beitragsanhebung, späterer Renteneintritt oder Leistungssenkung kommen dann indirekte Kürzungen wie private Altersvorsorge, betriebliche Altersvorsorge etc.; werden weitere Lücken steuerfinanziert, zahlen wieder die, die keine adäquate Rente bekommen (Selbständige, Großverdiener) unverhältnismäßig mehr, denn diese bekommen entweder gar keine gesetzliche Rente oder nur die an der Bemessungsgrenze entsprechende. Die haben also kein Interesse, das Rentensystem alleine über ihre hohen Steuern zu tragen, und das ist auch verständlich. Also müssen die, die eine Rente wollen, das vorher auch finanzieren. Und wer das nicht schafft, wird wieder zum Sozialfall (steuerfinanziert), was sehr wichtig wäre, zu verhindern.
Die Diskussion ist ähnlich emotional wie beim Thema gesetzliche Krankenversicherung (vielleicht noch vs. private). Es sind einfach so viele Faktoren und das Ganze ist irgendwie so festgefahren, dass auch eine Reform wieder nur ein Witz wäre, der kurz darauf wieder reformiert werden müsste. Immerhin muss auch eine Reform weiter die Renten der jetzt schon in Rente stehenden tragen und das Geld muss irgendwoher kommen. Der Umstieg auf ein kapitalgedecktes Verfahren von jetzt auf Nachher ist also gar nicht möglich. Im Grunde ist die Ungleichverteilung der Gehälter das eigentliche Problem. Gutverdiener können es sich leisten, zusätzlich privat vorzusorgen, schlechtverdiener kratzen am Ende eben am Existenzminimum i.V.m. Sozialhilfe. Das ist blöd, aber kein Problem der Rente an sich, sondern eine weitere ellenlange Diskussion.
Ich habe eine Meinung dazu, und zwar dieselbe wie ich sie bei der Krankenversicherung habe: entweder Standard-Rente und Pflichtbeiträge für jeden, auch für Selbständige und Spitzenverdiener (die in der Diskussion gerne außen vor gelassen werden), und der Rest ist Privatvergnügen, oder gleich eine Umstellung auf ein privates kapitalgedecktes Verfahren wie bei einer privaten Rentenversicherung, aber da kommen wir schnell in Probleme wie Inflationssicherheit, Anlageproblematik etc., weshalb ich grundsätzlich für ein Umlageverfahren bin aber eben für ALLE. Das ist wenigstens einigermaßen sicher gemessen an der doch recht langen Vorsorgezeit, in der so einiges passieren kann und dann macht man ein langes Gesicht... Sicher ist das keine Königslösung und kann gerne zerissen werden, aber wer hat denn die Königslösung? Keiner.
Ich habe mal irgendwo gelesen, dass ich einen verfassungsrechtlichen Anspruch habe, zumindest meine eingezahlten Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung bei mittlerer Lebenserwartung auch wieder als Rente ausbezahlt zu bekommen. Keine Ahnung, ob das tatsächlich so ist, aber wenn, dann stößt auch das Thema Rentenkürzung bei fehlendem Nachwuchs schnell an seine Grenzen.
So, wer jetzt denkt, der schreibt ja nur Wirrwarr, der hat völlig Recht, und das ist auch gewollt. Ich habe definitiv zu wenig Ahnung, um die Probleme lösen zu können, unterstelle dasselbe aber jedem der an dieser Diskussion beteiligten ebenfalls
und will wirklich keinem auf die Füße treten, ich denke nur das ist wirklich alles zu komplex als dass sich einer einfach hinstellen könnte und allen erklären, wie es laufen müsste.
Meine Lösung für mich? Ordentlich diversifizierte private Vorsorge, Eigenheim noch vor Renteneintritt abbezahlen, mit 60 aufhören zu arbeiten und aus der Reserve leben bis die gesetzliche Rente kommt. Ob das klappt? Mal schauen. Aber dafür verzichte ich heute auf so manches. Ob ich davon was habe, weil ich vielleicht mit 66 sterbe? Mal schauen. Aber vielleicht werde ich ja auch 100.
Viel Spaß noch!