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"kochbuch für arme"

matten

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ich schaue hier gerade stern tv und dort wurde gerade ein "kochbuch für arme" vorgestellt.
der hintergrund ist der, daß viele empfänger von arbeitslosengeld 2 sich einseitig und ungesund ernähren. das kann ich aus meinen beruflichen erfahrungen heraus bestätigen. auch ich habe schon öfter gehört, daß es nicht möglich wäre vom regelsatz eine abwechslungsreiche ernährung zu gewährleisten, denke aber eher, daß das problem nicht das budget ist, sondern eher ein bildungsproblem.

nun haben sich zwei arbeitslose zusammengesetzt und obig benanntes kochbuch zusammengestellt. ob es sich bei den rezepten wirklich um sehr gesunde kost handelt wage ich zu bezweifeln, aber auf jeden fall ist eine sehr preisgünstige und abwechslungsreiche kost.

den ansatz finde ich generell gut. da es hier sicher auch ein paar arme studenten gibt...

das kochbuch gibt es auf der folgenden seite zum kostenlosen download:

http://www.stern.de/tv/sterntv/:Zum-Download-Glinka-Meiers-Kochbrosch%FCre/646083.html
 

ishina

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AW: "kochbuch für arme"

Ich bin der Meinung, dass ich mit 1-2 Euro mehr pro Tag sehr viel mehr auf den Speiseplan zaubern kann. Wenn ich mein aktuelles Essen ansehe, kostet es auch kein Vermögen, ist gesund und nahrhaft. Was mich extrem heraus reißt sind die Mandeln - 1200 hochwertige Kalorien für unter einen Euro. Wenn ich den Ernährungsschwerpunkt auf Mandeln legen würde (was einseitig wirken mag, aber soweit funktionieren kann), wäre eine sehr günstige Grundversorgung möglich - gedünstetes Gemüse, Salat, Obst und Mandeln. Alle Bereiche abgedeckt.

Lieber versuche ich woanders zu sparen als dass ich am Essen spare, gilt für mich generell.

@matten: Wie sehen deine Erfahrungen mit ALG II aus? Ich höre oft böse Worte in Richtung dieser Menschen, darauf bezug nehmend, dass diese sich beschweren, nicht genug Geld für Essen zu haben, aber sich andere Dinge (oft Alkohol und/oder Zigaretten) gönnen, deren Aufgabe sie in eine finanziell bedeutend bessere Lage bringen würde und auch das Essen kein Problem mehr sein lassen würde. Da du Erfahrungen hast, kannst du mir sicher berichten, ob es sich so verhält oder ob hier blinde Hetze gefahren wird. Dass man alle ALG II-Bezieher nicht über einen Kamm scheren kann, ist mir bewusst. Mir geht es dabei mehr um eine grobe Einschätzung der Lage.
 

bedee

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AW: "kochbuch für arme"

Danke, matten, für den Link. Hab jetzt nur mal kurz reingeguckt, so konsequent ist der ja nicht: Mal kosten da 40 g Margarine 6 Cent, ein anderes Mal 10. Und 150 g Schinken für 99 Cent ist sicherlich die allermieseste Qualität.
Werde das noch weiter studieren, eine Übersicht über das Konzept der vorgeschlagenen Ernährung hab ich noch nicht gewonnen. Auf den ersten Blick halt sehr Brot/Brötchen-betont.
 

ishina

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AW: "kochbuch für arme"

Auf den ersten Blick halt sehr Brot/Brötchen-betont.
Die DGE empfiehlt schließlich auch ca. 230-300 g Kohlenhydrate pro Tag als Richtwert [1] (und nur ca. 50 g Fett), deshalb ist die Konzentration auf Carbs nur verständlich. Man hat sich sicher an den Vorgaben der Ernährungspyramide festgemacht.

Quelle:
[1]: DGE über Kohlenhydrate
 
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matten

Team Lowtech/Fitness. Der Mattenschlinger
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AW: "kochbuch für arme"

hi ishina,

das ist wieder so eine frage, die man verdammt schlecht beantworten kann.

es ist richtig, daß es alg 2 empfänger gibt, die ihr geld in einem unvernünftigen maß für alkohol, zigaretten und unterhaltungselektronik ausgeben und es gibt alg 2 empfänger, die alles daran setzen für eine vernünftige ernährung zu sorgen und versuchen ihren kindern eine gute zukunft zu ermöglichen.
fakt ist, daß das alg2 geld knap bemessen ist.
der unterschied zu den unteren einkommensgruppen ist zwar zu gering, aber das liegt meiner ansicht nach eher daran, daß die unteren einkommensgruppen zu schlecht entlohnt werden als daran, daß die alg 2 empfänger zuviel bekommen.

zum anderen wird mit den vorwürfen, die du benannt hast, ja versucht irgendjemanden eine schuld zu atestieren. nun ist es aber so, daß in deutschland immer noch, trotz einer positiven tendenz in der letzten pisa-studie, die chancen für eine gute bildung sehr stark (stärker als in jedem anderen oecd-land!) von der sozialen herkunft abhängig sind. das heißt also, daß jemand dessen eltern aus den unteren sozialen schichten stammen, es verdammt schwer hat selbst einmal aus dieser situation heraus zu kommen.

nun ist aber auch eine gesunde ernährungsweise abhängig von der eigenen diesbezüglichen bildung und dem was einen von den eltern vorgelebt wird.

ebenso lassen sich menschen mit einem niedrigen bildungsniveau leichter von der werbung, für z.b. für unterhaltungselektronik und finanzkaufangeboten, ködern, als jemand mit einem höheren diesbezüglichen niveau.

schneller arbeitslos wird man heutzutage auch, wenn es an der bildung hapert.

natürlich gibt es auch einfach faule typen, denen ein tritt in den hintern helfen würde und ähnliches, aber im allgemeinen stellt sich schon die frage wo also hier die schuld liegt? ich kann sie zumindest sehr schlecht orten. das einzige was ich dahingehend tun kann ist zu sagen, daß eine reform unseres überalterten bildungssystems dringend von nöten ist. dazu gehört dann aber eben nicht nur mathe, physik, chemie und deutsch, sondern eben auch soetwas wie ernährungslehre, haushaltslehre, sport, gesundheitserziehung und außerschulische bildung.

den leuten, die sich jetzt in einer solchen situation befinden kann man mit so einem kochbuch zumindest eine hilfe in die hand geben.
 
Zuletzt bearbeitet:

ishina

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AW: "kochbuch für arme"

Danke für deine Antwort, matten!

Ich schließe mich deiner Meinung zum Bildungssystem ganz entschieden an! Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben, heißt es. Allerdings wird genau das nicht propagiert. Weder präsentiert sich Bildung attraktiv, noch bietet sie Inhalte an, die wirklich von Bedeutung wären für den Großteil des Lebens. Fächer, die ich gut finden würde, wären beispielsweise Psychohygiene und Kommunikationslehre - also Kurse, um mit dem Stress und Druck der heutigen Zeit zurechtzukommen und zu lernen, miteinander zu sprechen und umzugehen. Gewalt darf an vielen Orten auch als Problem bezeichnet werden. Allerdings geht das schon weit am Thema vorbei.

matten schrieb:
den leuten, die sich jetzt in einer solchen situation befinden kann man mit so einem kochbuch zumindest eine hilfe in die hand geben.
In diesem Punkt stimme ich dir zu. Eine Hilfe, die scheinbar notwendig ist.
 
D

Dr_Frottee

Guest
AW: "kochbuch für arme"

Hi,

ich denke, das ist ein ganz schwieriges Thema. Ein Hartz 4 Empfänger bekommt mWn die Kaltmiete vom sozialamt bezahlt und "darüber hinaus" 345€ im Monat, was nicht wirklich viel ist, weil davon die Nebenkosten, Essen, Kleidung, Reparaturen, Neuanschaffungen (z.B. wenn der Kühlschrank nach 10 Jahren versagt) etc. bezahlt werden müssen.

Wenn ich alles nicht Notwendige einmal von meinen Kosten abziehe, dann komme ich auf monatlich rund 500€ (allein 150€ sind davon Mietnebenkosten, Strom und Telefon) -- und ich halte mich für sparsam. Insofern sind 345€ schon ziemlich knapp. Allerdings gebe ich im Schnitt nur rund 120-150€ für Lebensmittel aus, obwohl ich dabei auch und gerne auf Bio-Ware zurückgreife.

Insofern denke ich, daß man sich auch von 130-135€ (was wohl die Nahrungspauschale bei Hartz 4 ist) gut und vollwertig ernähren kann. Das, was ins Geld geht, sind doch i.d.R. die verarbeiteten Nahrungsmittel: Ein Schokoriegel "extra large" schlägt doch schon mit 0,8-1,10€ zu buche.

Für je 0,49€ bekomme ich 1,5kg Kartoffeln (okay, keine Bioware) und 500-1.000g Möhren. Dann 0,49€ für nen Liter Milch, und ich kann mir rund 3kg Stampfgemüse kochen. Das reicht für 4-6 große Mahlzeiten. 10 eier dazu (Freilandhaltung: 1,29€) und ich kann mir zum Stampfgemüse pro Mahlzeit noch 2-3 Speigeleier braten. Davon wird man satt.

Kostenpunkt insgesamt 2,76€ -- pro Mahlzeit (bei nur 4 angenommenen Mahlzeiten) also rund 0,70€.

Ich sehe es da ähnlich wie matten: Wer kochen kann und sich ein bißchen mit Ernährung und Nahrungszubereitung auskennt, der kann sich auch von 4,39€ am Tag ausgewogen ernähren und satt essen -- außer er ist Leistungssportler mit hohem Energieumsatz.

Das Problem liegt mMn vielmehr darin, daß man sich einfach absolut keine Extrawürste erlauben kann/darf, was wir aber normalerweise alle mal tun (denke ich jedenfalls mal). Weil dann der Schokoriegel (mal!) oder das Bierchen (mal!) eben ein Loch reißt im Geldbeutel. Aber genau diese Kleinigkeiten zählen (für mich zumindest) zur Lebensqualität.

Fakt scheint aber auch zu sein, daß es einen nicht unbedingt kleinen Teil unter den Empfängern gibt, die eben nicht kochen können (s. mattens Post zum Stichwort Bildung) und demzufolge schon fast auf Fertigprodukte zurückgreifen müssen, um nicht zu verhungern ...

Ganz schwierig finde ich das Thema "Dann hör doch auf zu rauchen/trinken". Wenn es so einfach wäre, würde sicherlich der Großteil der Betroffenen (auch nicht Hartz 4 Empfänger) damit aufhören. Nicht umsonst gelten beide als Süchte. Ich denke, der ansatzhebel muß da ein anderer sein als das populistische "Dann hör doch (einfach) auf damit" -- wobei ich aber überfragt bin, was ein probates Vorgehen wäre.

Andererseits: würde der Satz erhöht, müßte der arbeitende Teil der Bevölkerung noch mehr Abgaben zahlen, was auch nicht mehr einzusehen ist.

Ich denke, wir sitzen da auf einem Pulverfaß, daß irgendwann explodieren wird ...

Grüße
Doc
 

MitchBuchannon

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AW: "kochbuch für arme"

Allerdings gebe ich im Schnitt nur rund 120-150€ für Lebensmittel aus, obwohl ich dabei auch und gerne auf Bio-Ware zurückgreife.

Insofern denke ich, daß man sich auch von 130-135€ (was wohl die Nahrungspauschale bei Hartz 4 ist) gut und vollwertig ernähren kann.

Du verschweigst allerdings, dass du Vegetarier bist und somit viel Geld einsparst was Fleisch, Fisch und Wurst angeht. Klar geht dafür einiges halt wieder für Bio-Essen drauf, aber ich denke, dass so etwas genau ein Knackpunkt ist. Bei zu vielen Familien ist ein Essen nunmal immer etwas mit Fleisch.

Ich kann allerdings aus eigener Erfahrung sagen, dass man auch sehr gut von der selben Summe leben kann und nicht auf Fisch/Fleisch verzichten muss und dabei auch gut auf Bioprodukte achten kann.

Ich lebe zwar momentan nicht in Deutschland, aber sozial benachteiligte und ungebildete Menschen gibt es auch in England zur genüge. Lustigerweise sieht man bei tesco in der Schlange dann bei denen haufenweise Süßzeug und Fertiggerichte im Einkaufswagen.

Und meine Meinung zur Bildung:

Ich denke es liegt in der menschlichen Natur sich profilieren zu wollen um einen gesellschaftlich höheren Stand zu bekommen. Leider ist es in vielen Ländern mitlerweile so, dass dieses Profilieren eher durch Statussymbole als durch Wissen bzw. Fähigkeiten erfolgt.

Dazu kommt noch, dass das Bildungssystem in Deutschland nicht stimmt. Es herrscht Elitärdenken an Universitäten und Gymnasien obwohl Deutschland es sich nicht leisten kann Studenten zu vergraulen. Ich persönlich bin aus diesem Grund auch wesentlich glücklicher mit der Variante, dass meine englische Uni sich über jeden Studenten freut, anstatt sie los zu werden, weil sie Geld bringen. Auch wenn ich für meine Ausbildung später noch bezahlen muss, denke ich durchaus, dass es eine Inestition in die Zukunft ist.

Desweiteren denke ich Deutschland würde wirklich gut da dran tuen ein vernünftiges Finanzierunssystem mit angemessen hohen Studiengebühren (wie zB. in England mit 3000 Pfund pro Jahr) einzuführen um auch vernünftige Bildung für jeden zu gewährleisten, der bereit ist später gewinnbringend zu arbeiten.

Aber ich denke ich schweife gerade ab. Bildungsproblem ist jedoch für mich immernoch Thema Nummer ein ein Deutschland egal ob in Ober- Mittel- oder Unterschicht.

Als Fazit würde ich den Leitspruch im Silent Room bei uns auf dem Campus stehen lassen: Knowledge is the key to freedom.
 
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sportsfreund

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AW: "kochbuch für arme"

Desweiteren denke ich Deutschland würde wirklich gut da dran tuen ein vernünftiges Finanzierunssystem mit angemessen hohen Studiengebühren (wie zB. in England mit 3000 Pfund pro Jahr) einzuführen um auch vernünftige Bildung für jeden zu gewährleisten, der bereit ist später gewinnbringend zu arbeiten.
Guten Morgen? ^^ vielen ist/wäre es eine Unmöglichkeit, diesen Betrag zu zahlen.
 

matten

Team Lowtech/Fitness. Der Mattenschlinger
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AW: "kochbuch für arme"

(höhere) studiengebühren würden das problem der hohen abhängigkeit der bildungschancen von der sozialen herkunft noch mehr verschärfen.
 
D

Dr_Frottee

Guest
AW: "kochbuch für arme"

Da bin ich zwiegespalten. Einerseits sehe ich es ähnlich wie Mitch, sofern an die Studiengebühren Pflichten der Uni gebunden wären, wie z.B. ausreichendes Lehrmaterial und Lernplätze; kleine Lerngruppen statt 1.200 Studis im Hörsaal, die auf dem Boden und der Treppe sitzen; Kontrolle des Lehrpersonals und Bewertung desselöben durch die Studenten mit der Folge, daß schlechtes Lehrpersonal entlassen wird etc.

Einfach nur Gebühren erheben ohne Gegenleistung geht mMn nicht.

Gleichzeitig müßte es dann aber auch für jeden finanzierbar gemacht werden in dem sinne, daß z.B. jeder Student monatlich 700-900€ zzgl. Studiengebühren zinsloses oder inflationsgekoppeltes Darlehen erhält, welches er nach dem Studium zurückzahlen muß. Dann könnte es sich auch jeder leisten zu studieren.

Was ich aber anders sehe als Mitch, sind die Berufsaussichten nach dem Studium. Die heutigen Einstiegsgehälter für Akademiker liegen rund 10% UNTER den Einstiegsgehältern von vor 10 Jahren -- wenn man dann noch den inflationsbedingten Kaufkraftverlust mit reinrechnet, kann sich ein "fertig studierter Akademiker" heute von seinem Einstiegsgehalt rund 20-30% weniger leisten als noch vor 10 Jahren. Teilweise verdient ein studierter Einsteiger ja weniger als ein gleichaltriger "Kollege", der nach der Realschule eine Lehre gemacht hat.

Wenn er dann davon noch ein Studiendarlehen zurückzahlen soll, wird das Ganze finanziell gesehen zur Farce.

Und ganz ab davon: Für die meisten Stellen, für die Akademiker gesucht werden, sind diese komplett überqualifiziert. Das ist mMn heutzutage wirklich fatal: Es werden studierte Leute gesucht mit kurzer Studiendauer, Auslandserfahrung, Praktika, natürlich Prädikatsexamen, verhandlungssicherem Englisch und einer weiteren Fremdsprache fließend, maximal 30 Jahre alt ... und wenn ein solcher dann im Job ist, stellt er fest, daß er alles, was er für diesen Job braucht innerhalb von 4 Wochen durch learning by doing erfährt und alle Einstellungsvoraussetzungen gar nicht bräuchte.

Was mMn eher zum Ziel führen würde, wäre, diese ganze Blendernummer auf allen Ebenen in den Sack zu treten, sich auf das Wesentliche bzw. den Kern zu konzentrieren.

Just my 2 cents.

Grüße
Doc
 

MitchBuchannon

New Member
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AW: "kochbuch für arme"

@ Sportsfreund und Matten: Deswegen habe ich extra erwähnt, dass es sich um ein finanzierbares System handeln muss. In der UK klappt es doch und hier studieren auch einfach mal wesentlich mehr Leute. Alleine in London gibt es mindestens 10 Unis. Ich als Berliner habe allerdings keine Chance auf einen Studienplatz in Berlin, weil die ganzen Dorfler, die nichts zu tun hatten während ihrer Abizeit den NC von 1,3 erfüllen können. Ich würde in einem "Dorf" wie Marburg oder Greifswald eingehen. Für viele scheitert da dran die Möglichkeit eines Studiums, weil sie sich den Umzug nicht finanzieren könnten. Seht ihr das irrationale da dran?

Ich stimme Frottee vollkommen da drin überein, dass die Studiengebühren genutzt werden müssen. Nur um euch mal einen Einblick zu geben, was ich alles an meiner Uni hier bekomme, was ein deutscher Student nicht ganz selbstverständlich erhält.

- Onlineeinschreibung: Die Uni Potsdam hatte die Anzahl der Studenten etwas unterschätzt und für Englisch, Französisch und Deutsch Lehramt die Listen allesamt in einem Raum ausgelegt mit der Folge, dass sich eine Schlange gebildet hat, die 2 Stockwerke weit gereicht hat. Ich hingegen habe mich online beworben, online eingeschrieben und verfüge auch online über alles an Kursmaterial. Von Power Point slides über Mitschnitte der Vorlesungen als MP3 bis zu empfohlenen Resources.

- Tutorien: Ich verfüge über Tutorengruppen von unter 6 Leuten. Davon abgesehen kann man jederzeit seinen Tutor bei anderen Problemen Emailen und auch ein Einzeltreffen arrangieren um zB. etwas spezielles für die nächste Hausarbeit zu diskutieren.

- Hörsaal: Ich finde klimatisierte mit mehren Screens und mit Lautsprechern ausgestattete Hörsäale sollten mitlerweile in jeder Uni normal sein. Leider ist das nicht der Fall wie ich bei meinem Besuch der HU in Berlin gemerkt habe. Hier starrten ca. 400 Leute auf einen Bildschirm und schwitzten sich zu tode bei ca. 26 grad im Schatten. Dazu ist es zwar ein geschichtsträchtiges Gebäude, aber von innen sieht das aus wie zu DDR-Zeiten. Wichtige wäre auch, dass die Zahl der Studierenden an die Kapazitäten der Uni angepasst werden. Was ist das für eine Frechheit, dass sich tatsächlich auch in höheren Semestern Studenten auf die Treppe setzen müssen?

Computer: Ich finde es extrem wichtig, dass eine Uni genügend Computerlabs hat. Es ist nicht selbstverständlich, dass jeder seinen Laptop mitbringen bzw. sich einen leisten kann. An meiner Uni ist es mir immer möglich einen vernünftigen Computer zu bekommen. Dank Intranet habe ich alle Datein die ich brauche unter meinem Account abgespeichert und kann immer überall arbeiten.

Bibliotheken: Ich weiß hier zwar nicht, wie es in Deutschland ist aber im letzten Semester habe ich wirklich extrem viel nutzen davon gemacht, dass unsere Bibliothek 24/7 offen ist.

Dazu müssten wie angesprochen meiner Meinung nach auch die Systeme verändert werden. Ich habe ein 2,6er Abi und bin im Moment gut bei meinem BSc. Psychologie dabei und habe bisher kaum Probleme. Im Endeffekt ist es für mich schon traurig zu sehen, wie Deutschland immer unattraktiver wird. Nicht nur für Ausländer sondern für Deutsche selber auch. Ich bin mir zum Beispiel gar nicht mehr so sicher, ob ich wirklich unbedingt wieder zurück gehen werde. Für den Master sind Holland und Österreich attraktiver. Studenten müssen endlich als Ressource verstanden werden und nicht mehr wie Hundesch**** behandelt werden, die man möglichst schnell vom Schuh wieder abbekommen will. Daher müssen meiner Meinung nach Studiengebühren eingeführt werden um finanzielle Anreize zu setzen.

Um mal zu beschreiben, wie die Studiengebühren zurückgezahlt werden: Sobald ich über 12.000 Pfund pro Jahr verdiene (niedrigstes Einstiegsgehalt) muss ich 5% von dem Überschuss zurück zahlen. Einziger Kritikpunkt: die Gebühren sind nicht zinsfrei. Ich werde aber wohl kein Problem haben, da auf Grund einer Entscheidung des Bundsgerichtshof neuerdings DEutschland alle Studiengebühren bis 3500 Euro pro Jahr bezahlt. Nur müssen die Sachbearbeiter mal ausm Arsch kommen... Noch son Ding was die Deutschen lieben und woran es definitiv scheitert: Die Bürokratie. Aber wir kommen vom Thema ab...
 
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W

Wursti

Guest
AW: "kochbuch für arme"

@MB:
Die Interrelationen sind etwas komplexer, als von dir beschrieben, obwohl die meisten deiner Argumente schlüssig erscheinen. Allerdings betrachtest du die Studentenschaft als eine Menge von Einzelstudenten. So kannst du mit den Studienbedingungen argumentieren, aber die wahrscheinlichen Prozesse zu prognostizieren, die schlussendlich wirklich problematisch werden bleiben verdeckt.

Abelshauser hat das treffend formuliert:
"Die lassen unsere Unis zu schlechteren Schulen absaufen. So kann man dem deutschen Wirtschaftssystem auch schaden."
Die Qualität des Studiums ist durch die Einführung des Bachelorsystems deutlich gesunken. Im Ingeneursbereich genügen die Bacheloranten oft nicht den Ansprüchen, für die die Diplomanten geeignet oder leicht überqualifiziert waren (durch die Generalität des Diploms).
Es ist der massive Einfluss des Wirtschaftssystems in ein historisch gewachsenes Wissenschaftssystem und seiner Institution Universität, der dazu geführt hat. Das eigentliche Ziel war, dass schneller und mehr Arbeitskräfte produziert werden können. Dass haben die auch geschafft, in dem sie die Qualität der Ausbildung zum jetzigen Bachelor verschlampt haben.
Die hohe Präsenzzeit belastet die Studenten im Allgemeinen zusätzlich. Mittlerweile ist das Burnout-Syndrom in der Uni nicht mehr selten anzutreffen.

Dazu kommt die Etablierung des Habitus das Studium als Investition zu sehen. So kann man im Wirtschaftssystem argumentieren. Im Wissenschaftssystem ist das nicht funktionell [1].
Deswegen werden Forderungen an die Universitäten gestellt, deren Erfüllung nicht in ihrem Bereich liegen. Z.B. das ständige Rufen nach mehr Bezug auf die Anforderungen in der Wirtschaft. Nur, weil man das humboldtsche Ideal abgeschrieben hat, heißt das nicht, dass die historisch gewachsenen Strukturen einfach direkt mitabgeschrieben sind.
Die Aufgabe der Universität ist es Wissenschaft und Bildung als Selbstzweck zu vermitteln bzw. Wissenschaftler zu produzieren, die Forschen und Lehren können.
Dass alle unbedingt in die freie Wirtschaft wollen, weil es da mehr Kohle zu holen gibt, heißt dann nicht im Umkehrschluss, dass die Unis sich an diesen Umstand anpassen müssten.

Die Bedinungen an den Universitäten sind so schlecht, weil der Staat ihnen allmählich den Hahn abgedreht hat. Auch die Studiengebühren sind nichts weiter als ein Umwälzen der finanziellen Last auf die Studenten und damit sowohl auf die Privatpersonen als auch die Mitglieder des Wissenschaftsystems. Es macht das Wissenschaftssystem weniger potent, das zu machen, "wofür" es sich ausdifferenziert hat: Wahre Aussagen zu produzieren.

Ich meine hohe Qualifikation für den Arbeitsmarkt ist natürlich oft notwendig, wofür IMHO als strukturelle Kopplung die Fachhochschulen wunderbar geeignet sind.
Allerdings sollte auch das Wirtschaftsystem selber die Anstalten tragen, die ihre Arbeitskräfte ausbilden und nicht das politische System und das Wissenschaftssystem bluten lassen, weil es mehr Profite produzieren will.

Es gibt da eine kleine (wahre) Anektode, die dieses Dilemma gut widerspiegelt:
Ich war auf einer christlichen Privatschule. Der Staat hat diese natürlich bezuschusst. Die Heizkosten wurden vom Staat getragen, materielle Anschaffungen von der Kirche.
Jetzt saßen wir im Winter, bei einfachverglasten Fenstern voll aufgedrehter Heizung zitternd in den Klassenräumen, weil jeder für sich die Kosten optimieren wollte (indem er nicht die Kosten der jeweiligen Gegenseite übernehmen wollte).

Genau dieser bürokratische Nichtkooperationismus macht gerade die Universtitäten kaputt. Sie sind historisch ins Wissenschaftsystem gewachsen, jetzt reißt aber das Wirtschaftsystem daran herum und das politische System versucht seine Kosten zu optimieren.

Dabei hat es sich historisch als hochevident erwiesen, dass jede Investition in Bildung und Wissenschaft lohnend ist.

Es gab Zeiten, da sind andere Wissenschaftler nach Deutschland gezogen, wenn sie auf dem aktuellsten Stand der Wissenschaft sein wollten. An diese Zeiten würde ich persönlich gerne anknüpfen, in dem das Wissenschaftssystem wieder vollständig von dem Wirtschaftssystem gelöst werden würde.

Dazu kommen die Argumente von Dr. Frotee. Es ist mittlerweile nichtmal mehr lohnend zu studieren. Ich meine, als Student lebe ich deutlich unterhalb der Armutsgrenze, und kann mir dieses materielle Opfer nicht einmal mehr als Investion verbuchen.

[1] vgl. Luhmanns Systemtheorie
 
D

Dr_Frottee

Guest
AW: "kochbuch für arme"

Noch kurz ein wort zum Thema "Studieren" und "finanziell lohnen": Ich vergleiche jetzt mal einen Realschüler mit Banklehre und einen Abiturienten mit BWL-Studium.

Der Realschüler macht seinen Abschluß mit 16. Dann geht er in die Lehre für 3 Jahre und verdient rund 900€ im Schnitt. Danach steigt er bei der/einer Bank ein für 2.000€ und arbeitet sich innerhalb von 5 Jahren auf 2.500€ hoch. Angenommen, er bleibt auf diesem Stand, bis er 65 ist. Und angenommen, es gäbe keine Inflation (hab keine Lust, hier jetzt noch wild rumzudiskontieren und das Ganze als stochastischen Prozeß aufzubauen ...).

Der Andere macht mit 19 sein Abi, studiert 6 Jahre -- in dieser Zeit verdient er nichts, sondern beginnt mit 25 zu arbeiten und steigt mit 3.000€ ein. Er kann sich innerhalb von 5 Jahren auf 3.500€ hocharbeiten.

Der Realschüler hat mit 25 schon 3x12x900€=32.400€ Lehrgeld verdient und 5x12x2.000€ + 1x12x2.500€=150.000€ -- insgesamt also 182.400€ erwirtschaftet, wohingegen der Studi noch immer bei Null steht. (Für 180.000 bekommt man in nem Vorort von Hamburg schon ein Reihenhaus gekauft ... nur mal so am Rande). Diesen Rückstand muß der Studi erstmal aufholen.

In den ersten 5 Jahren verdient der Studi 5x12x500€=30.000€ mehr als der Realschüler. Jetzt sind beide schon 30, aber der Studi steht immer noch rund 150.000€ hintenan.

Jetzt bekommt er eine Gehaltserhöhung und verdient 1.000€ im Monat mehr als der Realschüler. Um die 150.000€ auszugleichen, benötigt er also 150 Monate bzw. weitere 12,5 Jahre.

Mit 42-43 hat sich das Studium finanziell also erst "gelohnt". In wirklichkeit sieht es sogar noch etwas schlechter aus, weil der Studi bzw. als Arbeitnehmer ja schon Akademiker aufgrund seines höheren Einkommens höhere Steuern zahlen muß. Wahrscheinlich treffen die beiden sich irgendwann um den Dreh 45-50.

MMn kann man in Deutschland heute kaum noch einem zum Studium raten. Und das mein ich sowohl finanziell, als auch die Ausbildung betreffend, als auch die "Anforderungen" in den Jobs nach dem Studium.

So far
Doc
 

kecks

Active Member
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AW: "kochbuch für arme"

...Ich kann nur zum Studium raten. Wissenschaftliches Denken lernt man leider fast nur an der Uni. Das hilft in jedem anspruchsvollen Job weiter, der sich nicht ausschließlich auf körperliche Anforderungen beschränkt.
 

Marty McFly

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AW: "kochbuch für arme"

@ Grundtopic:
Ich denke auch, dass man, wenn man das nötige Wissen und Konsequenz besitzt, sich durchaus unter 5 € am Tag gesund und ausgewogen ernähren kann, auch mit Fleisch.

@ Bildung:
Ich denke, dass man nicht unbedingt nur auf die Unis schielen sollte, sondern viel früher bzw. auf einen niedrigeren Niveau viel mehr gemacht werden muss.
Es ist zwar richtig, dass im Bereich Hochschulen einiges im Argen liegt und durch das Thema Studiengebühren die Chancen für "arme" Studenten nicht besser werden, aber die große Anzahl Menschen OHNE einen Schulabschluss bzw. ohne Grundwissen über ihre Sprache, ihre Geschichte, Mathematik oder auch Ernährung, gesellschaftliche und wirtschaftliche Zusammenhänge in unserem Land, machen mir persönlich viel mehr Angst.
Wissen- und willenlose Zombies, die sehr leicht zu manipulieren sind, sei es durch Werbung oder auch politische Extremisten.
Aber das geht jetzt auch wieder leicht am Thema vorbei...
 

Kraftmusiker

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AW: "kochbuch für arme"

Achja, wenn ich mir überlege, welche horrenden Summen man als Student ausgeben muss, wenn man zugleich unter der Woche in der Mensa isst (soziales Happening) - und dabei auch noch BB-taugliche Lebensmittel im Schlepptau hat... und Kunde im Reformhaus ist...

Unter 300 Euro wird´s eigentlich nie im Monat. ;D
 
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