AW: Hardgaining- Ein paar Fragen
Hey,
ich versuch's mal kurz zu machen:
Marmor schrieb:
Und eben daher finde ich, dass bei bei gleichbleibender Übung einige Fasern/Muskelanteile eben optimal belastet werden, andere unterbelastet (alternativ überbelastet und optimal belastet).
Hm -- jein. Laß mich versuchen zu erklären, was ich meine: Diese "krasse" Unterscheidung "überbelastete/unterbelastete" haben wir doch nur/überwiegend bei gefiederten Muskeln. Oder bei Bewegungen, bei denen mehrere Muskeln zusammenwirken.
Wenn wir jetzt die Übung austauschen, belasten wir sicherlich bisher "unterbelastete" Fasern stärker. Aber gleichzeitig belasten wir auch "überbelastete" Fasern geringer. Die Frage ist, ob der Vorteil den Nachteil überwiegt.
Marmor schrieb:
Weshalb bagatellisierst Du die Höhe der Spannung und die Bewegungsreichweite der Kontraktion in diesem Maße?
Ich bagatellisiere es nicht. Für mich ist nur logisch nicht klar, inwiefern die Spannungshöhe bei der einzelnen Faser einen Reiz ausüben soll. Die Faser arbeitet nach dem Alles-oder-Nichts Prinzip. Daher heißt höhere spannung = mehr Fasern. (Natürlich unter gleichbleibenden Begleitumständen) Das ist keine Bagatellisierung (zumindest nicht von der Intention her), sondern eine logische Konsequenz, die sich aus dem Alles-oder-Nichts Prinzip ergibt.
Die Bewegungsreichweite als solche sehe ich nicht direkt als ausschlaggebend an. Aber die Position, in der eine Faser belastet wird (Stretchpunkt, Höchstkontraktion) sehr wohl. Genauso wie die Bewegungsrichtung (exzentrisch/konzentrisch).
Zudem spielt da sicherlich noch der Fasertyp mit rein. Soweit ich weiß, vergrößern sich die ST-Fasern eher durch Vergrößerung + Vermehrung der Mitochondrien -- dafür spielt mMn aber der Energieumsatz in der entsprechenden Faser die Hauptrolle. Und der ist bei konzentrischen Bewegungen und Höchstkontraktionen am größten.
Die FT-Fasern hingegen wachsen überwiegend (mWn) durch vermehrte Anlagerung kontraktiler elemente (Aktin/Myosin), für welche Mikrotraumata + Erhöhung anaboler Hormone + Erhöhung entsprechender Hormonrezeptoren die Hauptrolle spielen. Und Mikrotraumata entstehen am ehesten durch exzentrische, ballistische und explosive Bewegungsausführung und das möglichst am Stretchpunkt.
Okay, back on topic: Natürlich muß man langfristig die Spannung + das Gewicht erhöhen. Denn wenn sie gleich bleibt, werden ja mit der Zeit immer weniger Fasern / motorische einheiten rekrutiert, weil diejenigen, die einen Reiz erhalten haben, sich anpassen und stärker (FT) werden. Für die gleiche Last sind dann also weniger Fasern/Einheiten nötig. Es werden weniger rekrutiert und die vormals rekrutierten und jetzt nicht mehr rekrutierten passen sich der Nichtbelastung an und atrophieren.
Marmor schrieb:
Das Gewicht bestimmt aber auch in gewisser Hinsicht die Bewegungsgeschwindigkeit und damit die Spannungsdauer bzw. die Aktivierungshäufigkeit verschiedener (oder vielleicht der selben) motorischen Einheiten. Das Gewicht bestimmt auch in gewissem Maße die Höhe der Spannung (abhängig von Zahl und Größe der aktivierten motorischen Einheiten sowie Motivationslage). Auch eine Kontraktion mit voller Kraft kann sich verschiedenartig manifestieren (z.B. Vergleich konzentrisch-isometrisch-exzentrisch), was auch verschiedene Auswirkungen auf die Muskelfaser hat.
Das Gewicht ist ein Faktor, der die
maximale Bewegungsgeschwindigkeit/-beschleunigung limitiert, klar. Das ist Physik F=m*a bzw. a=F/m (wobei F die Maxkraft ist, m das Übungsgewicht und a die Beschleunigung). Je größer m desto kleiner a.
Wie schnell innerhalb dieses möglichen Rahmens die Bewegung ausgeführt wird, liegt dann aber bei jedem selbst. Und von der Bewegungsgeschwindigkeit wiederum hängt die aufgebrachte Kraft und davon die spannung im Muskel ab. Und davon wiederum die Anzahl der eingesetzten Fasern.
Das Gewicht
in Verbindung mit der Geschwindigkeit/Beschleunigung bestimmt des Grad der spannungsentwicklung im Muskel (wie oben dargestellt).
Und daß bei konzentrischen, exzentrischen und isometrischen Maxkraftversuchen unterschiedliche gemessene kg-Zahlen herauskommen, ist ebenfalls relativ einfache Physik und ergibt sich aus obiger Formel.
Marmor schrieb:
Dem kann ich also nicht zustimmen (auch vor dem Hintergrund, dass in den „großen Muskelgruppen“ auch die motorischen Einheiten entsprechend groß sind, so dass eine Feinstregulierung, die 100%ig auf das Gewicht abgestimmt ist, nicht unbedingt möglich sein muss).
Wenn das Gewicht nicht (nur) die Anzahl der eingesetzten Fasern/Einheiten steuert (im Hinblick auf Hypertrophie gesehen jetzt), was tut es denn dann? Deine angeführten Argumente meine ich oben widerlegt zu haben.
Es geht mir auch nicht um eine 100%ige Feinstregulierung -- neben dem Gewicht spielt ja, wie dargestellt, auch immer die Geschwindigkeit/Beschleunigung eine Rolle. Aber unbestritten ist doch, daß bei derselben Übung, ausgeführt mit derselben Bewegungsgeschwindigkeit innerhalb der ersten 6-10 sek. (um Ermüdungsfaktoren auszuschließen) die Anzahl der rekrutierten Fasern/Einheiten umso höher ist, je mehr Gewicht bewältigt wird. Oder haben wir hier einen neuen/weiteren diskussionspunkt?
Marmor schrieb:
Ich spreche hier von allgemein als „gesund“ zu bezeichnenden Menschen, nicht von welchen, die an einer verminderten oder gar ganz eingestellten Hormonproduktion leiden.
Ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet -- frage mich aber, ob das bzgl. der Wirkung einen Unterschied macht. Ich mein, warum sollten den "hypogonadal men" ohne Training auf eine Hormongabe ansprechen und Gesunde nicht? Bei den Gesunden müßte die Hormongabe vielleicht höher ausfallen (einfach um einen ähnlich hohen prozentualen Anstieg hervorzurufen) -- aber ich kann mir nicht vorstellen, daß die Wirkung derart unterschiedlich ist, daß die einen mit Muskel- und/oder Kraftzuwachs reagieren und die anderen nicht (ohne Training).
Marmor schrieb:
Das Problem, das ich beim „nur eine Übung Ansatz“ sehe, ist, dass die betreffenden Muskelfasern immer gleichförmig beansprucht werden.
Hey -- bitte richtig verstehen: Ich verfechte nicht den Ansatz: "immer die gleiche Übung machen" -- nur daß wir uns hier richtig verstehen. Eine gewisse Übungsrotation halte ich durchaus für sinnvoll, sowohl die eine möglichst vollständige Ausbildung der Muskeln als auch dafür, daß die Gelenke nicht immer auf dieselbe Art beansprucht werden.
Ich denke aber, daß häufig zuviele Übungen parallel gemacht werden (zu hohes Volumen -- wir sind ja immer noch beim Hardgainer bzw. Otto Normalo und nicht beim genetisch begnadeten Leistungssportler) und auch zu häufig die Übungen gewechselt werden.
Der erste Effekt ist ja eine neuromuskuläre anpassung. Und erst dann findet in verstärktem Maße ein Muskelwachstum statt.
Gegen ein auswechseln der Übungen alle 3-6 Monate habe ich nie etwas gesagt und würde ich auch nie etwas sagen. Oder wie de-fortis in einem anderen Thread schrieb (sinngemäß): Spätestens dann, wenn man sich in einer Übung nicht mehr steigern kann, sollte man sie auswechseln.
Irgendwie hab ich mal wieder das dumpfe Gefühl, daß wir -- wie so häufig -- gleicher oder ähnlicher Meinung sind und mal wieder bravourös aneinander vorbeidiskutieren.
Und die Smilies hier sind ja zu geil!!! Allein dafür lohnt sich dieses Forum.
Grüße
Doc