AW: Gleiche HF = gleicher Energieverbrauch?
Ich versuche mal einige Schlüsselstellen dieses Threads aufzugreifen um mich alles kommentieren zu müssen.
1. Zunächst zur Überschrift:
Die Herzfrequenz ist natürlich korrelliert mit dem Energieverbrauch, aber man kann nie und nimmer behaupten, dass man an der Herzfrequenz seinen Energieverbrauch ablesen kann.
Die Herzfrequenz wird nämlich nicht nur vom Energiefluss gesteuert von diversen anderen Faktoren (Temperatur, Stimmung, Bewegungsrichtung, usw.)
2.
MarmorStein schrieb:
der Leser kann sich anhand der Literaturangaben ein erstes (unvollständiges und sehr pauschales!!!) Bild über das Gewicht der Argumente/Quellen machen (ein Zitat eines Artikels der BILD-Zeitung wird nicht so schwer wiegen wie die Nennung einer Studie des NEJM)
Man kann sich nur ein Bild vom Gewicht der Quelle machen, aber nicht vom Argument. Sobald man zitiert bildet man automatisch ab. Abbilden heißt automatisch interpretieren (durch Auswahl und Positionierung). Der Wahrheitswert des Argumentes ist hier aber noch nicht einsehbar, denn das Argument ist hier nicht die Quelle selber, sondern die damit bezweckte Behauptung.
Beispiel:
Man betrachte die beiden folgenden Schlüsse: (1) Aus "Weniger als 1% der Deutschen schläft durchschnittlich mehr als 14 Stunden am Tag" und "Tobias ist Deutscher" wird auf "Es ist daher beinahe sicher, daß Tobias durchschnittlich nicht mehr als 14 Stunden am Tag schläft" geschlossen. (2) Aus "Mehr als 99% der Neugeborenen schlafen durchschnittlich mehr als 14 Stunden am Tag" und "Tobias ist erst 3 Tage alt" wird auf "Es ist daher beinahe sicher, daß Tobias durchschnittlich mehr als 14 Stunden am Tag schläft" geschlossen. Offensichtlich muß hier etwas schief gelaufen sein: Obwohl sämtliche Prämissen wahr sind, ergeben die beiden Schlüsse (1) und (2) zwei Konklusionen, die sich widersprechen (Denn entweder schläft Tobias durchschnittlich mehr als 14 Stunden am Tag oder eben nicht).*
Der Umkehrschluss gilt, wenn man aus verschiedenen sich ausschließenden Prämissen die gleiche wahre Konklusion behaupten kann. Es ist also die Verbindung von Prämisse und Konklusion, die das Argument ausmacht und hier ist die Quelle nicht als Argument eigenständig, sondern nur als Prämisse. Es sei denn man argumentiert nicht selbstständig, was die Überleitung zum nächsten Punkt wäre.
MarmorStein schrieb:
- der Autor sichert sich selbst ab. Die Aussage „Saturnmännchen sind blau“ sagt aus, dass der Autor für die Tatsache, dass Saturnmännchen blau sind, steht und er das aus nicht beschriebenen Gründen haargenau weiß. Im Gegensatz dazu ist die Aussage „Laut Beobachtungen von Burzeldorf & Hippelsberg (1763) sind Saturnmännchen blau“ ist viel neutraler und der Autor vermittelt, dass er die Möglichkeit einräumt, Saturnmännchen wären vielleicht doch nicht blau, erste Hinweise aber darauf hindeuten. Sollten Saturnmänncen sich nun als grün-schwarz herausstellen, fällt die Fehlinformation auf den Autor selbst zurück, während sich Autor 2 auf die zitierte Quelle berufen kann und er nicht selbst als Ursprung der Fehlinformation da steht.
Der Autor sichert sich durch das Belegen nicht ab, denn er hat keinen Platz in einer Argumentation (man analysiert schließlich nicht als Literaturwissenschaftler und versucht Kafkas Striemen von Pappies Gürtel auf seinem Po herauszuanalysieren). Wenn überhaupt im Gegenteil, denn zitieren heißt zustimmen (Grundregel wissenschaftlichen Arbeitens), wenn man sich nicht ausdrücklich von der Wahrheitswahrscheinlichkeit der Quelle distanziert.
Aber auch das ist nicht der Fall, weil der Autor nicht in Erscheinung tritt, sondern nur seine Aussagen.
MarmorStein schrieb:
Nunja, es kommt eben auch darauf an, wie trainiert man in welchen Disziplinen ist. Durch Training ökonomisiert der Körper die Bewegungsabläufe, Körperstrukturen, etc. => es wird weniger Energie verbraucht, man kann mehr Leistung bringen, usw. Somit ist es mMn logisch, dass man in Disziplinen, in denen man nicht so trainiert ist, bei niedrigerer Intensität einen höheren Puls hat.
Wichtiger Punkt, weswegen intrapersonelle Vergleiche erstens schwerlich zu ziehen sind, denn neben dem Training kommt auch die natürliche Veranlagung als verzerrendes Moment hinzu. Passende Körpermaße, Proportionierung etc.
de-fortis schrieb:
Intensität ist das Schlüsselwort
Die Frage ist, was Intensität hier überhaupt ist. Die relative Geschwindigkeit zur Maximalgeschwindigkeit, Auslastung der VO2max, subjektiver Anstrengungsgrad, globaler oder lokaler Energiefluss (siehe MarmorSteins Argument bezüglich der lokalen vs. globalen Intensität).
bedee schrieb:
Ich weiß, dass man Pumpen umso stärker auslegen muss, je mehr Höhendifferenz überwunden werden muss und dass bei einem dynamischen System die Pumpleistung nochmals erhöht werden muss. Keine Ahnung, ob die Förderung von pastösen Substanzen in Maschinen irgendwelche Ähnlichkeiten mit dem menschlichen Herz-Kreislaufsystem hat aber es leuchtet mir durchaus ein, dass Bewegungsabläufe mit einem hohen vertikalen Anteil das Herz als Pumpe sehr viel mehr fordern (--> Burpees, Thrusters, Niedersprungtraining)
Nicht so zurückhaltend bedee. Es gibt keinen Grund dafür, denn das Herz-Kreislaufsystem ist unterm Strich nichts anderes als ein stinknormales Pumpsystem, weswegen man das Ganze problemlos zum Argument umformen kann:
Bei Bewegungsabläufen steigt mit vertikalem Bewegungsanteil die Herzfrequenz aufgrund der größeren Pumplast für das Herz.
Dazu möchte ich den Zusatz anfügen, dass ruckartige Bewegungswechsel, wie etwa das Aufprallen beim Laufen diesen Effekt, noch vergrößern.
Ärztedingenskirchen schrieb:
So ist beispielsweise das Pulsverhalten zwischen Radfahren und Laufen unterschiedlich. Beim Radfahren ist eine kleinere Muskelmasse mit höherem Krafteinsatz (Kompression der Blutgefäße mit Drosselung der Durchblutung) aktiv. Dadurch steigt die Milchsäurekonzentration als Ausdruck einer Sauerstoffschuld schneller an. Somit ermüdet der Muskel beim Radfahren bei niedrigerer Herzfrequenz schneller als dies beim Laufen geschieht. Adrenalin und Noradrenalin liegen beim Laufen bei gleicher Herzfrequenz niedriger.
Das ist eindeutig ein Argument, dass in Richtung MarmorSteins (bezüglich der lokalen vs. globalen Intensität) geht.
Beide halte ich für wahr. Die höheren Adrenalin- und Noradrenalinwerte sprechen sehr stark dafür, dass eine größere Intensität als Auslastung eines Systems beim Radfahren als beim Laufen bei gleicher HF vorliegt.
Problematisch ist hier Folgendes. Beim Radfahren ist die vertikale Belastung (vertikaler Bewegungsanteil + Erschütterung als Verstärker) quasi nicht vorhanden UND die Muskelbeteiligung ist geringer als beim Laufen.
Während beim Crosstrainer die vertikale Belastungs kleiner ist, ABER die Muskelbeteiligung größer.
Also ist der Analogieschluss nicht gültig.
Ärzteblatt schrieb:
Gleiche Herzfrequenzen sind nicht immer mit gleichem Sauerstoffverbrauch des Herzens gleichzusetzen. So ist beispielsweise das Pulsverhalten zwischen Radfahren und Laufen unterschiedlich.
Ok, zunächst die erste Behauptung:
Was beeinflusst den Sauerstoffverbrauch des Herzens aus der eigenen Frequenz? Eigentlich nur die Kontraktionskraft.
Warum sollte bei gleicher Herzfrequenz die Kontraktionskraft des Herzens sich zwischen Laufen und Rad fahren unterscheiden?
Höchstens weil sich der Blutdruck unterscheidet, aber fällt das erstens so massiv ins Gewicht?
Ist das überhaupt relevant für die Diskussion?
*aus Stegmüller, Statistische Systematisierung