Das sehe ich anders. Mmn lässt sich eine möglichst hohe Kraftanstiegskurve nur realisieren, wenn das zu bewegende Ziel nicht ausweichen kann. Sobald sich die Last bewegt (und je weiter sie sich in der initialen Phase bewegt), desto mehr wird mMn der Kraftanstieg verzögert (da man der Last ja „nachlaufen“ muss).
Sicher lässt sie sich die theoretisch höchstmögliche Explosivkraft nicht gegen leichte Widerstände realisieren. Das Fmm/t (Delta in Gedanken davor) ist aber auch nicht explizit benannt. Das heißt, dass alle Fm/t (Delta in Gedanken davor) eingeschlossen sind (-->formale Logik von Definitionen. Implikationen sind nicht Teil von Definitionen, sondern Interpretationen und Anwendungen dieser).
Mit anderen Worten: Ein Gewichtheber, ein Kugelstoßer und ein Speerwerfer müssen alle einen möglichst steilen Kraftanstieg realisieren, was sie aber gegen verschiedene Widerstände tun müssen. Also gibt es widerstandsspezifische "Explosivkraftarten", wenn man diese Definition in der Praxis anwendet.
Ich weiß, was du meinst, aber das ist eben nicht in dieser Definitoin expliziert.
Maximalkraft ist meiner Ansicht nach die Fähigkeit, (in einer gegebenen Gelenkstellung) möglichst viele motorische Einheiten der beteiligten Muskeln gleichzeitig zu kontrahieren ... mMn ist das mit einer möglichst steilen Kraftanstiegskurve sehr wohl verwandt.
Nach deiner Definition definitiv (

), aber hier vermischt du zwei Ebenen. Die Definition der Explosivkraft beschreibt einen Finalen Vorgang, der eine Folge diverser physiologischer Vorgänge ist, während deine Definition von Maximalkraft physiologische Vorgänge selbst umfasst. Dieser Fehlschluss lässt sich gut daran erkennen, dass die Maximalkraft als Fähigkeit physiologische Vorgänge zu aktivieren automatisch die Explosivkraft als Folge dieser Vorgänge bestimmt. Damit wäre die Maximalkraft der physiologische Grund für die mechanische Wirkung der Explosivkraft.
Insofern ist es auch logisch, dass du die beiden als verwandt bezeichnest, da sie formal gesehen Ursache und Wirkung sind, wenn man deinen Definitionen folgt.
Ich kenne Maxkraft auch eher unter dieser Definition:
"Die Maximalkraft ist die höchstmögliche Kraft, die willkürlich gegen einen unüberwindlichen Widerstand erzeugt werden kann." (Grosser/Starischka: Konditionstraining).
Vielleicht könnte man auch argumentieren, dass die initiale Beschleunigung die fehlende Last wieder wett macht ... aber bleibt das leichte Gewicht so lange in Ruhe, bis wirklich auch möglichst alle Fasern kontrahieren können, oder hat es sich schon vorher bewegt, weil es eben doch zu leicht ist, um in der geforderten Zeit eine Reaktion möglichst aller muskelfasern zu bedingen?
In der Umkehrung des Hennemannschen Prinzips liegt IMHO die Antwort. Bei hohen Geschwindigkeiten tragen hauptsächlich die FT-Fasern bei, aber aktiviert sind logischerweise alle Fasern. Die lahmen Trödelfasern tragen nur nichts zur Kraftwirkung bei, weil sie aufgrund physiologischer Phänomene nicht hinterherkommen, obwohl sie doch alles geben, was sie können. So wie im ersten Gang auf dem Fahrrad. Fährst du bergab, kannst du noch so krass in die Pedale treten. Dein Kraftbeitrag zur Geschwindigkeit ist = 0, aber anstrengen tust du dich trotzdem.
Naja, wenn das die alleinige Basis wäre könnten wir wohl nicht die Beobachtung machen, dass Anfänger in den ersten vier Wochen ohne nennenswerte Hypertrophie sprunghafte Leistungssteigerungen verbuchen. Oder ist es inzwischen auch widerlegt, dass in den ersten Wochen die Kraftsteigerung auf das Rekrutieren von mehr (bisher „ungenutzten“) Muskelzellen zurückzuführen ist?
Jap.
http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?tool=pubmed&pubmedid=13152698 (auch die related auf pubmed sind interessant)
Es gibt auch sehr viele andere Faktoren, die noch bei Anfängern eine Rolle spielen können. Propriozeptionale Inhibition, Verbesserung motorische Programme, ATPaseaktivität... und und und
Ich bin nicht der Meinung, Muskelfaserrekrution würde nur von der Intention abhängen ... für mich ist sicher, dass die neur(on)ale Verschaltung einiges dazu beiträgt, und die will mMn trainiert werden.
Aber wo wäre dann die Bremse oder Engpass? Wenn ich den Vorgang einfach mal durchgehe:
Ich schicke von meinem motorischen Cortex ein Signal zu meinem Muskel. Je stärker dieses Signal ist, desto mehr, größere, stärkere, schnellere motorische Einheiten werden rekrutiert (Hennemann). Eine mögliche Bremse würde über Ruckkopplung mit den Propriozeptoren funktionieren, so dass man kein starkes Signal bei geringem Widerstand senden kann, allerdings wäre die Umkehrung Hennemanns dann nicht existent. Also gibt es diese Bremse schonmal nicht. Andere Bremsen fallen mir nicht ein um einer Rekrutierung entgegenzuwirken. Da dies anscheinend auch Anfänger können, liegt für mich der Schluss nahe, dass die Rekrutierung intentional abhängig ist, während die anderen Faktoren (bis zu einem gewissen Grad) trainierbar sind.
Sonst müsste ein motivierter Bodybuilder mit entsprechender Technik ja auch locker mit einem Powerlifter mithalten können, oder nicht?
Nein, denn er trainiert eben nicht mit so hohen Gewichten (sowohl %RM als auch absolut), was zur Folge hat, dass Inhibition und co. einen Strich durch die Rechnung machen. Außerdem haben BBler überhaupt nicht die Gelegenheit eine entsprechende Technik zu entwickeln, weil sie eben nicht spezifisch trainieren. Mit vernünftiger Technik würden BBler wahrscheinlich nicht so weit von PL abgeschlagen sein.
Die Auswirkungen von Inhibition kann man IMHO gut daran erkennen, dass je Fortgeschrittener (=höhere Gewichte) der Trainierende ist, desto größer der Unterschied zwischen Maximalem Trainingsgewicht und maximalem Wettkampfgewicht ist (vgl. Zatsis Krafttraining).
Das fett gedruckte beschreibt m.E. eindeutig eine plyometrische Komponente ... die m.W. auf der Vorinnervation sowie des Dehnungsreflexes basiert (und natürlich der elastischen Komponente des Muskels) ... trainiert man damit also tatsächlich die „Explosivität“ z.B. beim Bankdrücken, wo im Wettkampf (so weit ich weiß) die Last ein paar Sekunden auf der Brust ruhen muss, die Reflexkomponente also schon mal außen vor ist?
Klar, spielt hier stärker der DVZ mit, aber da es in der Praxis, wie du schon sagst, eine längere Pause auf der Brust erfolgt, ist für den Powerlifter hauptsächlich "explosive strength" bereinigt von der "reactive ability" interessant, denn je schneller er die Spannung aufbauen kann, desto eher glückt natürlich der Versuch.
Zudem: Trainiert man mit maximalen Lasten (im Extremfall gar mit statisch gegen unüberwindbaren Widerstand) nicht auch den angestrebten Bereich (also z.B. den unteren) mit maximaler Intensität?
Natürlich (so lange man immer hübsch Vollstoff gibt), aber ich nannte ja bereits die Vorteile der leichten Gewichte:
-
spezifisches Training für den unteren Bereich, was bedeutet
- Weniger Trainingsbelastung durch "unnötiges" Explosivkrafttraining für die oberen Bereiche
- Geringere Gewichte bedeuten weniger ZNS-Schredderei
Da hab ich jetzt nicht ganz verstanden, was Du damit meinst ... kannst Du mir das bitte nochmal näher erläutern?
Es ist etwas anderes, ob ein Anfänger sein 1RM beugt oder ob ein Fortgeschrittener seine 300kg. Am Anfang der Powerlifterkarriere kann man noch häufig schwer Beugen und heben, was später dann ein Ding der Unmöglichkeit wird. (Muss cyclon auch häufiger schreiben)
Was der Ersteller dieses Textes allerdings vergessen hat, ist, dass nur ein Teil der Sportwissenschaften naturwissenschaftlichen Charakter hat und ein sehr großer Teil aus Geisteswissenschaften besteht.
Ok, wenn ich dann den
Wikipediaartikel zu Rate ziehe, sehe ich nur Sportgeschichte als geisteswissenschaftliche Komponente.
Allerdings bezieht sich das auch hauptsächlich auf die Nomenklatur, womit Geisteswissenschaftler überhaupt nichts zu tun haben sollten --> sowas können die nämlich nicht.
Auch diese Textstelle halte ich für sehr unbedacht (auch unter dem Aspekt, dass z.B. Weineck Mediziner ist und damit auch tatsächlich die naturwissenschaftlichen Hintergründe von Naturwissenschaftlern gelehrt bekommen hat
Humanmediziner zeichnen sich oft dadurch aus unglaubliche Mengen Stoff innerhalb kürzester Zeit auswendig lernen zu können ohne sie im geringsten verstanden zu haben[2]
Eine Exfreundin von mir studiert Medizin und was die da gemacht hat, ist wirklich unter aller Sau und bestätigt diese These. Und Weineck hat das ganze noch sehr viel früher gelernt, als der Zustand noch beschissener war.
Ok, Weinecks Ausbildung ist nicht das Thema, desweiteren ist das ja nicht das ja nicht aus eigener Feder, sondern nur die Wiedergabe des Profs:
p.s. das ganze ist nicht mein geistiger Erguss sondern wurde uns in einem freiwilligen Seminar erzählt in dem sich sagen wir die kritischsten Sportstudenten meines Jahrgangs kurz vor Ende ihres Studiums versammelt haben. Der Erzähler war ein Prof. der von der DSH Köln nach München gewechselt ist und selber Biologe war.
Wie oben beschrieben bestehen Sportwissenschaften zu großen Teilen aus Geisteswissenschaften, und hier ist es mehr denn je der Fall, dass man eben Konstrukte baut, um beobachtbares zu erklären.
IMHO ist das letzlich bei allen Wissenschaften so, denn bereits jeder Vorgang in jeder Wissenschaft ist irgendwo relativ zu bekannten Konstrukten, Geschichte der Beobachtung usw.
Das heißt aber nicht, dass Konstrukte als solche akzeptabel sind, sondern nur, wenn sie bestimmten Kriterien genügen. Im Falle von Definitionen, die zur gleichen Ebene gehören (z.B. "sportmotorische Eigenschaften"), z.B. dass sie auch tatsächlich auf eine Ebene bleiben (Entweder ursachen- oder wirkungsbeschreibend sind) usw. Ein bisschen so wie Axiomatik in der Mathematik.
Dieses Wirrwarr der sportmotorischen Eigenschaften mit völlig abstrusen Folgen finde ich nicht akzeptabel.
Zudem sind viele Erkenntnisse der Wissenschaft sehr interpretationslastig und werden früher oder später (nicht selten) durch gegenteilige Erkenntnisse ersetzt, bis man wieder neuer herausfindet und sich der state of the art wiederum ändert. Die Newton'schen Gesetze werden immer noch verwandt, auch wenn diese bewiesenermaßen nicht universell gültig sind (für den alltäglichen Anwendungsbereich reichen sie allerdings aus). Bekommen wir also in der Schule „gefährliches Halbwissen“ bezüglich Physik gelehrt?
Es ist ein Riesenunterschied, ob ein Speziallfall eines größeren Phänomens gelehrt wird oder ob etwas wirklich Banane ist. Gefährliches Halbwissen bekommt man in der Geschichtswissenschaft sehr gut mit. In der Schule lernt man noch den ganzen "dunkles Mittelalter"-Käse gelehrt, was diverse Jahrzehnte veraltetes Wissen ist. Die Kirche ist laut Schulwissen die totale Spaß- (und Wissenschafts-)bremse gewesen, obwohl sie einen riesenhaften Teil der Wissenschaft gefördert hat (nicht, dass ich Kirche jetzt heilig spreche, aber so ist nunmal die Geschichte).
Den Sportkram würde ich eher mit der Lehre der vier Säfte vergleichen. Es ist auch ein Konstrukt, dass in seinen Grenzen funktioniert, aber dennoch offensichtlich vollkommen Banane ist.
Interessant finde ich allerdings auch, dass so sehr über die bestehenden Modelle geschimpft und deren Ersteller als dumme Nachplapperer und Volksverdummer dargestellt werden ... aber ein wirklich bahnbrechendes, neues Modell habe ich bisher noch nicht gesehen (muss aber auch zugeben, dass ich diesbezüglich nicht up to date bin).
Naja, das ist ein typisches "Wenn du es nicht besser kannst, darfst du auch nicht kritisieren!"-Argument. Das gilt nicht. Meine unbedingte Empfehlung wäre "Lore of Running" zu lesen. Noakes hat da wirklich sehr gute Arbeit geleistet und mit dem herkömmlichen aerob/anaerob-Käse sehr elegant aufgeräumt.
Außerdem ist mein Werk noch nicht draußen.

(Obwohl ich nicht glaube, dass es großen Anklang findet, denn ich bin ja absolut Noname. Außerdem verwende ich überhaupt keine sportspezfischen Begriffe, was Wissenschaftler überhaupt nicht gerne haben, denn ein eigenes Vokabular ist sowas wie eine wissenschaftliche Identität und Definitionshoheit.* Darüber hinaus bin ich mir ja nur bis jetzt sicher, dass meine Sachen supersexy sind, aber ich kann mich irren oder scheitern)
(Kommt wie gesagt auch vom Prof und nicht von uns Sterblichen)
Ich sehe keinen Bruch in dieser Logik. Wenn Maxkraft die Basis der Schnellkraft ist (welche Meinung ich im übrigen auch vertrete), ist sie doch automatisch ein Teilaspekt dieser.
Ich würde Überschneidungen als Fahrlässigkeit (immernoch Fehler, aber nicht so gravierend) gelten lassen, aber wenn Maximalkraft definitorisch vollständig in der Schnellkraft aufgeht, ist die Maximalkraft ein Spezialfall der Schnellkraft. Das macht die Schnellkraft zur Basis der Maximalkraft.
Desweiteren steht da noch das Zitat vom Zatsi im Raum:
The ability to produce maximal forces in minimal time is called explosive strength. Strong people do not necessarily possess explosive strength.”
Dass man sich im Klaren darüber sein muss, dass solche Einteilungen und Definitionen meist mehr, manchmal weniger willkürlich vom Menschen festgelegt werden, versteht sich mMn von selbst. Mit diesem Verständnis im Hinterkopf kann man diese denke ich sehr wohl für Diskussionen und Überlegungen verwenden.
Erstens ist diese Willkür totaler wissenschaftstheoretischer Murks, denn ohne formale und korrekte Her- und Ableitung, stehen immer die Konstrukte selbst zur Diskussion, so wie es gerade in diesem Augenblick der Fall ist. Es erschwert eine Diskussion ungemein, wenn zwei Menschen sich nicht über die Sprache einig werden können, weil die Vokabeln, die Grammatik und damit das Denken ipse willkürlich (und damit unsachlich) sind.
*Interessant dazu diverse Passagen aus Dietrich Schwanitz "Allgemeinbildung. Alles, was man wissen muss." und die Bücher von Thomas Samuel Kuhn