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Diskussion: Training von Explosivität (im Powerlifting?)

MarmorStein

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1.632
Um Kickboxing's thread nicht noch weiter zu entführen mach ich mal einen neuen auf. Meine Frage bezieht sich auf Cyclon's Aussage:
cyclon schrieb:
Powerlifter arbeiten manchmal an ihrer Explosivität und speed Ausführung mit wenig Gewicht traniert so was.
Da ich den Begriff Explosivität im Kontext von Sport mit Explosivkraft in Verbindung bringe, erscheint mir in diesem Hinblick das genannte Trainingsvorgehen fragwürdig. Daher gibt es mehrere Möglichkeiten, u.a.:
- es gibt neue wissenschaftliche Erkenntnisse zum Explosivkrafttraining, die mir unbekannt sind
- Explosivität im Powerlifting hat nicht primär mit Explosivkraft zu tun

Um zweiteres zu klären bat ich nach einer Definition von Explosivkraft im Powerlifting, welche bisher noch aussteht.

cyclon schrieb:
google mal nach WSB und speed Training. Da wird mit 50 - 70% des 1 RM
in mehreren Sätzen mit 2 - 3 Wiederholungen und kurzen Pausen zwischen
den Sätzen die Explosivität der Hauptlifts traniert.
Danke für den Tip.
Beim Googeln von speed Training fand ich diese Website. Dort gibt es das Statement:
speed-training-system.de schrieb:
Das Explosivkrafttraining bei STS wird mit dem speziell entwickelten Isodynamischen Widerstandsprinzip durchgeführt. Dabei wird mit einer individuell vorgegebenen Geschwindigkeit trainiert, die dem Athleten eine optimale Explosivkraftentwicklung ermöglicht, ohne in Überbelastungsbereiche gelangen zu können.
Auf ein googeln nach Isodynamisches Widerstandsprinzip sowie Isodynamisch Widerstandsprinzip wurden aber leider Null Treffer angezeigt, bei Isodynamischen Widerstandsprinzip nur die Seite selbst. Das Prinzip wird auf der Seite leider auch nicht weiter erläutert und bleibt somit noch offen (falls es sich nicht um Isokinetik handelt, was dann für die Diskussion des Threads irrelevant wäre).
Des Weiteren habe ich mir den Artikel über die Westside Methode (Eisenklinik) angesehen. Dort wird nach den dortigen Angaben Schnellkraft trainiert (Explosivkraft ist ein Aspekt der Schnellkraft, welcher vermehrt in Richtung Maximalkraft liegt (vgl. Weineck, 2000)).

Weineck (2000) nennt drei Faktoren, von welchen Schnellkraftvermögen abhängt:
1. "Von der Zahl der bei Bewegungsbeginn gleichzeitig aktivierten Muskelfasern"
2. "Von der Kontraktionsgeschwindigkeit der aktivierten Muskelfasern"
3. "Von der Kontraktionskraft der eingesetzten Muskelfasern, d.h. vom Muskelquerschnitt"
(Weineck, 2000, S.289)

Meines wissens wird 1. über möglichst hohe Lasten mit geringer Wiederholungszahl trainiert (was hohe Bewegungsgeschwindigkeiten unmöglich macht). 2. ist meines Wissens schwer von der Genetik abhängig und nur in begrenztem Umfang durch Training zu beeinflussen (wie die physiologischen Voraussetzungen für eine Faseränderung von ST in FT sein müssen bin ich nicht auf dem Stand der Dinge). 3. erreicht man so weit ich weiß auch nicht durch eine möglichst schnelle Bewegungsausführung.

Was mich zu dem Schluss bringt: Schnelle Bewegungsausführungen sind nicht zum Training der Schnellkraft/Explosivkraft geeignet (wohl aber deren Koordination).

Was ist Eure Meinung dazu?

VG, MarmorStein

Literatur:
- Weineck J. (2000). Sportbiologie. 7.A. Spitta Verlag: Balingen
- http://www.eisenklinik.de/PagEd-index-topic_id-8-page_id-156.html#section4
- http://www.speed-training-system.de/Sportwissenschaftlic.84.0.html
 

Outlaw

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Also, in dem Punkt, dass Cyclons Methode für die Explosivkraft weniger geeignet sein mag, würde ich dir zustimmen, die Frage ist nur, ob das für die Schnellkraft auch zutrifft. Wenn man deine 3 Punkte mal vereinfacht darstellt, wären die Faktoren für die Schnellkraft entsprechend Maximalkraft (also Muskelquerschnitt und Koordination innerhalb eines Muskels) und Kontraktionsgeschwindigkeit. Dass man abgesehen von Periodisierungsaspekten ersteres nicht wesentlich durch solche Methoden trainiert liegt nahe, die entscheidende Frage ist nur, ob man die Kontraktionsgeschwindigkeit eines Muskels wirklich nur über die Art der Fasern bestimmt, d.h. ob man diesen Faktor auch ohne eine Umwandlung in schneller kontrahierende Fasern (denn soweit ich über diese wissenschaftliche Aspekte informiert bin, sind Veränderungen dort nur über die Mittelstufe, und selbst da nur sehr begrenzt möglich) trainieren kann. Ich komme auf diesen Punkt zurück, da solche Trainingsformen (schnelle Ausführung, eher niedriges Gewicht, mittlere Wdh-Zahl) doch nicht selten für ein Schnellkrafttraining empfohlen werden...
 
W

Wursti

Guest
Auf ein googeln nach Isodynamisches Widerstandsprinzip sowie Isodynamisch Widerstandsprinzip wurden aber leider Null Treffer angezeigt, bei Isodynamischen Widerstandsprinzip nur die Seite selbst. Das Prinzip wird auf der Seite leider auch nicht weiter erläutert und bleibt somit noch offen (falls es sich nicht um Isokinetik handelt, was dann für die Diskussion des Threads irrelevant wäre).
Ich denke, deine Vermutung ist ganz vernünftig. Fest eingestellte Geschwindigkeit deutet ziemlich auf Isokinetik hin.

Des Weiteren habe ich mir den Artikel über die Westside Methode (Eisenklinik) angesehen. Dort wird nach den dortigen Angaben Schnellkraft trainiert (Explosivkraft ist ein Aspekt der Schnellkraft, welcher vermehrt in Richtung Maximalkraft liegt (vgl. Weineck, 2000)).
Die Übersetzung ist Murks. So etwas wie Schnellkraft ist in der englischsprachigen Terminologie schwer zu finden. Speed strength = the ability to quickly execute an unloaded movement or a movement against a relatively small external resistance. usw.

An den Verchoshanski gab es auch folgende (berechtigte) Frage:
Professor Verkoshansky,

I have been a little confused by many definitions (of same things) in strength training terminology. Precisely in fields of terminology of STRENGTH, SPEED and ENDURANCE types of qualities and theirs subgroups.

I will here present to You professor, some of those terminology and definitions of above (fitness) qualities. Those are only fragments from articles...
-------------------------------------------------------
Article: "Developing Special Strengths"
Written by Louie Simmons

-Maximal Strength
-Strength Endurance
-Speed Strength
-Strength speed
-Explosive Strength
-Accelerating Strength
------------------------------------------------------
Article: "Strength Training: Structure, Principles, And Methodology"
Written by Dr. Dietmar Schmidtbleicher

Structural Analysis Of Strength Qualities:
-Maximal Strength
-Absolute Strength
-Speed Strength
*Starting Strength
*Explosive Strength:
--------------------------------------------------
Article: "The Many Different Types of Strength"
Written by coach Eddie Lomax

-Maximal strength
-Explosive strength
*Starting strength
*Acceleration strength
-Strength endurance
-Relative strength
-Absolute limit strength
--------------------------------------------------------
Book: "Supertraining"
Written by Mel C Siff

-Maximum strength
-relative strength
-speed strength
-explosive strength
*maximum strength
*starting strength
*acceleration strength
-strength endurance

Later in text..."Qualitative Characteristic of strength" author wrote:" Categorization of strength capabilities into four discrete types:

-absolute strength
-speed strength
-explosive strength
-strength endurance....

Some other classification ("The interdependence of the motor qualities of strength, speed and endurance" same book):

-maximum strength
-strength-speed
-speed-strength
-speed
-speed-endurance
-short-duration endurance
-medium-duration endurance
-long-duration endurance
-strength-endurance

And later in book charter 7 "Strength training methods",... "Broad classification of the major aims of strength training" autor wrote:"

Strength training:
-Structural
-Functional

Functional:
-Muscular endurance
-Maximal strength
-Power
------------------------------------------------------

Some other autors have next qualissification:
- Maximum Strength
- Elastics Strength
- Strength Endurance

Seine Antwort folgte so:
1. What is “strength speed” and “speed strength”? What is “strength endurance”?

I think is better to use more concrete parameter for the training effect names.



Maximal strength (Po) - characterizes the greatest magnitude of effort which the athlete can display when there is unlimited time. Maximal strength is most need when the movement is executed with great external resistance. This determines how great the maximum working effort will be / Fmax /.

High-speed strength (Fv) - is displayed in high-speed movements involving small external resistance.

Explosive strength - is characterizes by the athlete’s ability to display powerful efforts in the shortest amount of time. Explosive strength is determined by the relation of Fmax / tmax.

Starting strength - characterizes the ability of athlete to produce rapid increase in external force at the beginning of the muscle tension produced by muscles. It is measured by the tangent to the curve F /t.

Reactive ability - characterizes the specific quality of nervous-muscle system to display a powerful explosive effort immediately after sharp mechanical stretching of muscles by an external force. This regime is characterized by the fast switching of the muscles from eccentric work to concentric producing a maximal dynamic load at this moment. An example of this would be the take-off in jumping.

Local muscular endurance - is a characterized by the ability of separate groups of muscles and physiological systems of the body to ensured the motor activity while displaying the necessary level of efforts for e long period of time and with no decrease in their working effect.

Maximal anaerobic power - is the ability of the body to effectively execute the short-term (10-15 sec) work at maximum (utmost) capacity in cyclic or repeated regimes.
Explosivkraft deckt sich hier 1:1 mit der klassischen Schnellkraftdefinition.

Dazu noch ein Teil einer PM und eines guten Postings zu diesem Thema:
Ich persönlich war ja bisher immer eher der Auffassung eine Einteilung in die einzelnen Kraftarten sei eigentlich Unsinn, da sie keine wirkliche physiologische Basis haben und eine Bewegung immer sehr charakteristisch ist - Kraft ist vielmehr die Leistung bezogen auf eine bestimmte Anforderung an den Bewegungsapparat in meinen Augen. Meine Definition von Kraft deckt sich damit am ehesten mit der von Knuttgen und Krauer, die über "strength" schreiben:

"Strength is the maximal amount of force a muscle group can generate in a specific movement pattern at a specified velocity of movement".


Die Betrachtungsweisen der anderen Wissenschaftler sind da sehr unterschiedlich und die exakte Einteilung in Maxkraft, Kraftausdauer und Hypertrophie stammt hauptsächlich aus dem deutschen Sprachraum. Dabei gibt es äußerst unterschiedliche Definitionen dieser einzelnen Kraftarten.

Interessant für mich ist jetzt der letzte Satz: "Zusammenfassend ist festzustellen, dass keine einheitliche Basis der Zuordnung von Belastungsintensitäten zu deen verschiedenen Trainingszielen besteht. Ein Kontinuum, welches - je nach gewählter Intensität zur Verbesserung der Maximalkraft, des Muskelwachstums, der Schnellkraft bzw. der Kraftausdauer führt, erscheint plausibler. Es exisitiert allerdings keine scharfe Trennung zwischen den Bereichen."


Ich bin kein Sportwissenschaftler aber bei genauerer Betrachtung macht die Einteilung in die klassischen Kraftbereiche in meinen Augen garnichtmal sonderlich Sinn. An den Definitionsschwierigkeiten lässt sich nämlich eines erkennen - diese Begriffe sind bloße Definitionssache. Letztendlich tut man nichts anderes als eine willkürlich gewählte Sammlung von Trainingsparametern heranzunehmen - meinetwegen Zeitraum, Belastung, Wiederholungszahlen und definiert diesen Bereich als "Kraftausdauer". Die Definitionen der Wissenschaftler unterscheiden sich so gravierend, weil sie sich physiologischer Grundlagen entbehren, der Körper ist komplexer an unterschiedliche Belastungen angepasst als nur mit 3 verschiedenen Möglichkeiten Fortschritte zu machen, das wird im zitierten Satz deutlich.

Vielleicht kann mir ein Sportstudent ja mal den genauen Sinn hinter dieser Einteilung erläutern, ich jedenfalls sehe ihn nicht, da er die schwachsinnige Vorstellung verbreitet, man können den Körper und seijne Fähigkeiten so simpel in eine handvoll Kategorien einteilen.

Ich wollte das nur mal geschrieben haben damit ein paar hier zumindest mal etwas genauer über die sporttheoretischen Ansätze nachdenken, die auch in der Fachwelt so angewendet werden. Letztendlich ist das Ganze eine bloße Definitionssache. Ob man die Kraftarten jetzt in 3, 5 oder 10 Einheiten einteilt ist in meinen Augen so ziemlich dasselbe, die Übergänge sind fließend, der Körper kennt keine genaue Abstufungen.

Prinzipiell ist es ja in Ordnung diese Einteilung zu treffen, zumindest wenn daraus ein Training mit unterschiedlichen Belastungen resultiert.

Problematisch wird es dann, wenn Laien anfangen zu interpretieren. Kraftausdauertraining verbessert nicht allein die Kappillarität der Muskeln. MAxkrafttraining steigert nicht nur alleine die Kraftfähigkeit. Der Körper passt sich im Kontinuum angemessen an die Natur jeder Belastung in ökonomischer Weise an. Da kann man nur schwer Einteilungen treffen. Deswegen brauch sich auch niemand darüber Gedanken machen ob er mit 6 Wdh jetzt schon zuviele Wdh für Maxkraft macht. Er macht etwas anderes als Training mit 12 Wdh und das reicht um das Training mit 6Wdh danach zu rechtfertigen. Ich hab das Gefühl die Spezialisierung der Anpassung unserer Muskulatur wird immer sehr stark unterschätzt.

Mein Kommentar dazu:
Die Frage würde ich eher an einen Linguisten richten. Ohne eigenes Vokabular gibt es keine Abgrenzung von anderen wissenschaftlichen Disziplinen, so dass ohne ein gesondertes Vokabular die Existenzberechtigung in Gefahr gesehen werden könnte.

Für Phänomene des Sportes sind die Erklärungsmodelle die der Physiologie, Physik, Medizin o.Ä.
Leistungssport ist genaugenommen nichts anderes als die Maximierung der Fähigkeit sich oder ein Gerät durch mechanische Wirkung zu positionieren. Also ist die Wirkung mechanischer Natur, während die Ursache biologischer (physiologischer) Natur ist. Sportwissenschaft versucht sich irgendwie dazwischenzuschalten und diesen Zusammenhang zu definieren. Das ein zwischengeschaltetes Modell nur zu Verfälschungen führt, liegt natürlich auf der Hand.
Ursachen sind multifaktoriell, Wirkungen werden aber eindimensional gemessen. So kommt es zu einer oberflächlich erscheinenden Synonymisierung von Ursache und Wirkung. Diese Synonyme sind dann die sportwissenschaftlichen Begriffe wie Kraftausdauer und so wird der Laie in die Irre geführt und meint, dass nur weil man oft schlägt auch viel Kraftausdauer braucht. Kraftausdauer=Laktat=Viele Wiederholungen mit wenig Gewicht. Dann wird dann auch mal ignoriert, dass eigentlich nur die Schultern schwer werden. Am Geilsten wird das ja noch, wenn sich das ganze auf das Aussehen bezieht. Bruce Lee=schmal und BL=Kämpfer Kämpfer=Kraftausdauer also folgt logischerweise: Kraftausdauer macht einen so schmal wie Bruce Lee. Und gleich postet wieder ein Meister der Logik, dass man zum definieren (schmaler werden) viele Wiederholungen machen soll.
Das ganze geht kognitionstheoretisch durch alle Bereiche des Lebens. Beispiele sind 1Stereotypenbildung, 2äqivoke Fehlschlüsse (Logik) und 3Phobien.

1Ich wurde von einem Türken geschlagen-->Alle Türken sind schlecht-->Nazis wollten keine Fremden haben-->Nazis wollen keine Leute, die mich schlagen.

2Macht verdirbt + Wissen ist Macht = Wissen verdirbt

3Ich wurde von einem Hund gebissen--> Alle Hunde werden mich beißen

(Übereinstimmung von 1 und 3 sind nicht zufällig)
(Diese bezogen sich auf dieses File)

Auch noch dazu:
Die gängige Nomenklatur in der Sportwissenschaft (z.B. Maxkraft, Schnellkraft, Explosivkraft, div. Ausdauerformen etc.) ist das Ergebnis der Untersuchungen die eine Reihe von Soziologen im ehem. Ostblock in den 50er Jahren bei ihren Spitzensportlern gemacht haben. Die haben sich einfach ein paar Begriffe ausgedacht um von den eigentlichen Sportarten 'abstrahieren' zu können.

Schnellkraft -> Sprinter
Maxkraft -> Gewichtheber
Kraftausdauer -> Ringer

Die haben sich nicht darum geschert ob ihre Nomenklatur tatsächlichen biologischen oder physikalischen Gesetzmässigkeiten gehorcht. Was ja auch für einen Soziologen, der sich nur eine High Level Übersicht über 'Sport und Training' verschaffen möchte völlig korrekt ist. Die wollten einfach nur wissen worin unterscheidet sich der 100m Läufer, von der Ballet Tänzerin.

Die erste Generation an Sportwissenschaftlern (d.h. diejenigen die ihre Bücher in den 60er Jahren geschrieben haben[1]) rekrutierte sich fast ausschließlich aus den Sozialwissenschaftler, die die Ergebnisse ihrer Kollegen aus den 50er Jahren aufgegriffen und etwas ausgebaut haben. Man muss sich im klaren sein, das Sport damals im Gegensatz zu heute als rein soziales Phänomen galt, nicht als eins das von medizinischen und damit naturwissenschaftlichen Interesse wäre. Sport war eine Freizeitbeschäftigung, ob man das jetzt immer optimal macht war einfach unwichtig (womit ich btw. 100% übereinstimme).

Soweit ist noch alles in Ordnung. Problematisch wurde es dann mit der zweiten Generation der Sportwissenschaftler. Da strömten - vermutlich im Bugwasser von Kenneth Cooper und der resultierenden aerobics Welle, sowie den aufkommen des Profisports - die ersten Humanmediziner hinzu.

Humanmediziner zeichnen sich oft dadurch aus unglaubliche Mengen Stoff innerhalb kürzester Zeit auswendig lernen zu können ohne sie im geringsten verstanden zu haben[2]. Wohl als Ergebnis dieser Arbeitsweise übernahmen sie einfach die ursprünglich aus der Soziologe stammenden Begriffe und stellten sie als 'medizinische Tatsachen' hin. Da man mit diesen Begriffen bereits seit vielen Jahren arbeitete sah man es auch nicht als notwendig an, diese tatsächlich einer Naturwissenschaftlichen Überprüfung auszusetzen. Erschwerend kam hinzu, das Humanmediziner nicht unbedingt über eine sehr solide naturwissenschaftliche Ausbildung verfügen und das ein viele dieser Theorien selbst heute - aufgrund fehlender diagnostischer Möglichkeiten - nicht überprüfbar sind[3].

Diese zweite Generation hat uns dann eine ganze Reihe von Büchern beschert, in der suggeriert wurde, das es sowas wie Maxkraft, Schnellkraft, Kraftausdauer tatsächlich (im Sinne biologisch trainierbarer Strukturen) gibt. Die Trainingsempfehlungen leiteten sich dann wieder eins zu eins aus den Trainingsprogrammen der entsprechenden Ostblock Sportler in den 50er Jahren ab[4].

Der Schaden ist jetzt, das o.g. Autoren (Grosser & Co.) mit ihren Büchern eine ganze Generation von SpoWis 'verschandelt' haben weil sie in Ihren Büchern suggeriert haben, das alle wichtigen Fragen bereits geklärt und untersucht sind. Da sie mit Begriffen hantieren die die eigentliche Problematik verschleiern indem sie die zu trainierenden biologischen Strukturen (Mitochondrien, Muskelfasern, Enzymsysteme etc.) hinter nebulösen Oberbegriffen verstecken, fällt das auch einen motivierten Sportstudenten nicht auf, es sei den er bekommt mehre (schmerzhafte) Arschtritte von aussen. Very Happy

Ein gutes Beispiel ist 'Tabata'. Seit wann ist das bekannt? Seit 1996 oder so. In welchen der klassischen Bücher steht etwas darüber?

Folglich hat man sich immer mehr sportmotorische Eigenschaften ausgedacht um die Lücken zu stopfen die sich auftun wenn man ein wenig Nachbohrt ("öhh ist das wirklich Schnellkraft, was ein Speerwerfer braucht? ähhh nein, dafür haben wir jetzt Explosivkraft...") oder sich in völlig abstruse Dinge geflüchtet wie die Matrix in den Büchern von Weineck & co. (ich meine den "Baukasten, aus den man sich aus Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit, Schnelligkeit sowie den Begriffen statisch/ dynamisch und allgemein/lokal dann sein Traumhaus zusammen basteln kann... unser running Gag war allgemeine statische Beweglichkeitsausdauer - aka. schlafen - zu trainieren).

Einfach die Begriffe aus der Physik zu übernehmen (ich meine Newton war nicht dumm und hat sich sicher weit mehr Gedanken über Kraft gemacht als grosser & Co.) und die Biologen zu fragen, was gibt es überhaupt für anpassungsfähige Strukturen in der Zelle, hätte zu einer weit solideren Basis geführt (aber auch zu dem Eingeständnis das man eigentlich noch gar nichts weiss).

Das ändert sich zwar gerade weil seit einiger Zeit immer mehr 'richtige' Naturwissenschaftler (und Ingenieure) in die Sportwissenschaft (auf kosten der 'richtigen SpoWis') einsteigen , die sich die Mühe machen (sowie die naturwissenschaftlichen und mathematischen Kenntnisse haben) etabliertes 'Wissen' - sofern überhaupt möglich - empirisch zu Untersuchen... und praktisch immer kommt dabei heraus das das 'etablierte Wissen' nicht stimmen kann. Die deutlichsten Beispiele dürften das klassische aerobe/steady-state Training sein, was mit jeder neuen Untersuchung immer mehr an Boden gegen hochintensives Training verliert und die Bedeutung von Kohlenhydraten in der Sporternährung die auch mit jeder Untersuchung immer mehr gegen Fett verliert.

Sprich den Schaden den Grosser/Weineck & Co. angerichtet haben in den sie "gefährliches Halbwissen" verbreitet haben ist IMHO frühestens dann behoben, wenn die erste Generation SpoWis den naturwissenschaftlichen Part ihrer Ausbildung exklusiv von Naturwissenschaftlern erhalten hat - und diese auf mit anderen Studiengängen vergleichbaren Niveau war - ihrerseits eine neue Generation von SpoWis ausbildet... intelligente, motivierte und vor allem kritische SpoWi's müssen freilich nicht solange warten, die gibt es meiner Erfahrung aber nur sehr selten.

p.s. das ganze ist nicht mein geistiger Erguss sondern wurde uns in einem freiwilligen Seminar erzählt in dem sich sagen wir die kritischsten Sportstudenten meines Jahrgangs kurz vor Ende ihres Studiums versammelt haben. Der Erzähler war ein Prof. der von der DSH Köln nach München gewechselt ist und selber Biologe war.

...

OT:

Meine persönliche Vermutung ist, das wenn wir so in etwa 50-60 Jahren tatsächlich genug Wissen über die Vorgänge in der Zelle zu haben, das wir daraus quasi von unten ein "perfektes Trainingssystem" ableiten können irgendein verstaubter Historiker sagen wird: "Cool! Genau so haben die Griechen in der Antike trainiert!"[5] Very Happy


[1]ein paar dieser konnte ich von meiner ehem. Schule abstauben, als sie diese Wegwerfen wollten, die sind zum Teil fantastisch, schaut das ihr an ein paar dieser Relikte rankommt. Trainingstechnisch sind sie nichts besonderes, aber die pädagogischen/sozialen Aspekte dadrin sind zum Teil hervorragend... ich kann mich an paar Karikaturen erinnern die eins zu eins den heutigen zustand der Sport und Fitnessbranche wiederspiegeln.. leider hab ich Depp die vor vielen Jahren weggeschmissen

[2]mit der geänderten Studienordnung, die es seit ein paar Jahren gibt, soll sich das wohl gebessert haben

[3]ich hab nach dem SpoWi Studium Bioinformatik studiert und hab dort die schmerzhafte Erfahrung gemacht das fast alles was irgendwie mit "in vivio" Stoffwechsel zu tun hat, nahezu völlig unbekannt ist

[4]Ich möchte hier mal jeden darum bitten ein 'klassisches Kraftausdauertraining' wie es dort beschrieben wird zu machen. IIRC heisst das 20-25 Wdh. bei 60-70% der Maxkraft, 4-5 Sätze, 30-45 Sekunden Satzpause, 2-3(?) Übungen pro Muskelgruppe... viel Spass dabei

[5]leider wissen wir bisher praktisch nichts darüber wie die Jungs und Mädels damals trainiert haben. Nur gegen fast 2000 Jahre trail and error im Profisport kommen wir mit unseren knapp 20 Jahren Labor gestümpere nicht an

MarmorStein schrieb:
(Explosivkraft ist ein Aspekt der Schnellkraft, welcher vermehrt in Richtung Maximalkraft liegt (vgl. Weineck, 2000))
Lustig in Hollmann/Hettingers Sportmedizin wird eine Synonymisierung von Explosivkraft und Schnellkraft angestrebt, was ich auch viel logischer finde angesichts folgender Definition:
"Unter Explosivkraft wird dabei die Fähigkeit verstanden, einen möglichst steilen Kraftanstiegsverlauf realisieren zu können." Kein Aspekt dieser Definition deutet auf eine besondere "Verwandtschaft" zur Maximalkraft.

Genau wegen dieser Konfusion (Wenn man die Definitionen strikt anwendet, wird die Maximalkraft zum Teilaspekt der Schnellkraft. Auch nicht schlecht, wenn Maximalkraft angeblich die Basis sein soll) kann man solche Begriffe überhaupt nicht verwenden um wirkliche Überlegungen anzustellen.
Zatsiorsky schreibt auch “The ability to produce maximal forces in minimal time is called explosive strength. Strong people do not necessarily possess explosive strength.”, was natürlich sehr geil im Zusammenhang mit Maxkraftbasis und Maxkraftaffinität von E-Kraft steht. ;D

1. über möglichst hohe Lasten mit geringer Wiederholungszahl trainiert (was hohe Bewegungsgeschwindigkeiten unmöglich macht).
Rekrutierung ist Produkt der Intention. Erlebt man immer, wenn man etwas vermeintlich Schweres und tatsächlich Leichtes heben will. Das reißt ganz schön nach oben, eben weil viel mehr rekrutiert (weil intendiert) als es nötig ist.
Der Grund ist, dass es nicht die Last in Form von Masse ist, die in Rückkopplung zum Nerv-Muskel-System (NMS) steht, sondern die Spannung (=Kraft). Daher ist es intentional erstmal Wurst, ob man ein schweres Gewicht langsam hebt oder ein leichtes schnell. Dass dann das Phänomen der hillschen Kurve entsteht, ist kein Problem der Rekrutierung sondern eines der biomechanischen Eigenschaften der Muskulatur.
IMHO ist PL-Speedtraining ein guter Weg die Rekrutierung zu trainieren, aber (durch die hillsche Kurve) die angelegte Spannung gering zu halten, so dass das ZNS nicht so geshreddert wird. Es ist praktischen PL-Wissen, dass es etwas anderes ist 300kg als 100kg zu beugen, auch wenn beides das gleiche %RM für den Trainierenden darstellt. Der Mechanismus der dahinter steckt, läuft über die Propriozeptoren ab, so zumindest meine Vermutung.
Desweiteren verwendet man bei nicht ballistischen Übungen nur einen sehr kleinen Teil des Bewegungsradius für die Beschleunigung. Einen großen Teil der Schlussbewegung (bei dem Gewicht die mehr als die Hälfte) bremst man ab, also gibt nicht mehr Vollstoff oder garkeinen Stoff. Powerlifter trainieren Speed IMHO um aus der unteren Position explosiv herausdrücken zu können. Hier ist das Speedtraining super gut geeignet, weil man durch die schnelle Bewegung hauptsächlich im unteren Bereich trainiert und durch schnelle Umkehr in Folge der Trägheit schnell Spannung entwickelt werden muss.
Desweiteren sind Kraftzuwächse auch spezifisch zur Geschwindigkeit in der sie trainiert werden, also ist es ziemlich empfehlenswert einen größeren Teil des Trainings mit der Geschwindigeit zu trainieren, mit welcher dann auch der "Wettkampf" ausgeführt wird. (Hat jetzt nichts mit PL zu tun. Nur wegen der Vollständigkeit halber.)

Was mich zu dem Schluss bringt: Schnelle Bewegungsausführungen sind nicht zum Training der Schnellkraft/Explosivkraft geeignet (wohl aber deren Koordination).
Daher komme ich zur Gegenteiligen Meinung.
 

kecks

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Wursti, danke für's Raussuchen des Zitats; ich hatte das heute auch im Kopf, dann nicht gleich wiedergefunden und deshalb nicht gepostet. Teile diese These voll und ganz (auch aus der Praxiserfahrung mit SK-Training heraus).
 

MarmorStein

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Outlaw schrieb:
Ich komme auf diesen Punkt zurück, da solche Trainingsformen (schnelle Ausführung, eher niedriges Gewicht, mittlere Wdh-Zahl) doch nicht selten für ein Schnellkrafttraining empfohlen werden...
Dass dies empfohlen wird ist mir nicht neu ... die Erklärung, warum, konnte mir bis heute niemand schlüssig geben.

Wursti schrieb:
"Unter Explosivkraft wird dabei die Fähigkeit verstanden, einen möglichst steilen Kraftanstiegsverlauf realisieren zu können." Kein Aspekt dieser Definition deutet auf eine besondere "Verwandtschaft" zur Maximalkraft.
Das sehe ich anders. Mmn lässt sich eine möglichst hohe Kraftanstiegskurve nur realisieren, wenn das zu bewegende Ziel nicht ausweichen kann. Sobald sich die Last bewegt (und je weiter sie sich in der initialen Phase bewegt), desto mehr wird mMn der Kraftanstieg verzögert (da man der Last ja „nachlaufen“ muss). Maximalkraft ist meiner Ansicht nach die Fähigkeit, (in einer gegebenen Gelenkstellung) möglichst viele motorische Einheiten der beteiligten Muskeln gleichzeitig zu kontrahieren ... mMn ist das mit einer möglichst steilen Kraftanstiegskurve sehr wohl verwandt.
Vielleicht könnte man auch argumentieren, dass die initiale Beschleunigung die fehlende Last wieder wett macht ... aber bleibt das leichte Gewicht so lange in Ruhe, bis wirklich auch möglichst alle Fasern kontrahieren können, oder hat es sich schon vorher bewegt, weil es eben doch zu leicht ist, um in der geforderten Zeit eine Reaktion möglichst aller muskelfasern zu bedingen?

Wursti schrieb:
Rekrutierung ist Produkt der Intention. Erlebt man immer, wenn man etwas vermeintlich Schweres und tatsächlich Leichtes heben will. Das reißt ganz schön nach oben, eben weil viel mehr rekrutiert (weil intendiert) als es nötig ist.
Naja, wenn das die alleinige Basis wäre könnten wir wohl nicht die Beobachtung machen, dass Anfänger in den ersten vier Wochen ohne nennenswerte Hypertrophie sprunghafte Leistungssteigerungen verbuchen. Oder ist es inzwischen auch widerlegt, dass in den ersten Wochen die Kraftsteigerung auf das Rekrutieren von mehr (bisher „ungenutzten“) Muskelzellen zurückzuführen ist?
Ich bin nicht der Meinung, Muskelfaserrekrution würde nur von der Intention abhängen ... für mich ist sicher, dass die neur(on)ale Verschaltung einiges dazu beiträgt, und die will mMn trainiert werden. Sonst müsste ein motivierter Bodybuilder mit entsprechender Technik ja auch locker mit einem Powerlifter mithalten können, oder nicht?

Wursti schrieb:
Powerlifter trainieren Speed IMHO um aus der unteren Position explosiv herausdrücken zu können. Hier ist das Speedtraining super gut geeignet, weil man durch die schnelle Bewegung hauptsächlich im unteren Bereich trainiert und durch schnelle Umkehr in Folge der Trägheit schnell Spannung entwickelt werden muss.
Das fett gedruckte beschreibt m.E. eindeutig eine plyometrische Komponente ... die m.W. auf der Vorinnervation sowie des Dehnungsreflexes basiert (und natürlich der elastischen Komponente des Muskels) ... trainiert man damit also tatsächlich die „Explosivität“ z.B. beim Bankdrücken, wo im Wettkampf (so weit ich weiß) die Last ein paar Sekunden auf der Brust ruhen muss, die Reflexkomponente also schon mal außen vor ist?
Zudem: Trainiert man mit maximalen Lasten (im Extremfall gar mit statisch gegen unüberwindbaren Widerstand) nicht auch den angestrebten Bereich (also z.B. den unteren) mit maximaler Intensität? Warum mMn die maximale Kraftanstiegskurve mit leichterer Last (=> größerer Bewegungsgeschwindigkeit) nicht gegeben ist, habe ich oben beschrieben.
Einen Vorteil der schnellen Bewegungsausführung kann ich hier also weiterhin nicht erkennen.

Wursti schrieb:
Desweiteren sind Kraftzuwächse auch spezifisch zur Geschwindigkeit in der sie trainiert werden, also ist es ziemlich empfehlenswert einen größeren Teil des Trainings mit der Geschwindigeit zu trainieren, mit welcher dann auch der "Wettkampf" ausgeführt wird. (Hat jetzt nichts mit PL zu tun. Nur wegen der Vollständigkeit halber.)
Das ist es was ich meinte, dass die Koordination bei schnellen Bewegungen für diese trainiert wird (welche zur Lenkung der Kraft benötigt wird). Wie Du aber schreibst, für PL wohl tatsächlich weniger relevant.

Wursti schrieb:
Es ist praktischen PL-Wissen, dass es etwas anderes ist 300kg als 100kg zu beugen, auch wenn beides das gleiche %RM für den Trainierenden darstellt. Der Mechanismus der dahinter steckt, läuft über die Propriozeptoren ab, so zumindest meine Vermutung.
Da hab ich jetzt nicht ganz verstanden, was Du damit meinst ... kannst Du mir das bitte nochmal näher erläutern?

Wursti's Zitat schrieb:
Das ändert sich zwar gerade weil seit einiger Zeit immer mehr 'richtige' Naturwissenschaftler (und Ingenieure) in die Sportwissenschaft (auf kosten der 'richtigen SpoWis') einsteigen , die sich die Mühe machen (sowie die naturwissenschaftlichen und mathematischen Kenntnisse haben) etabliertes 'Wissen' - sofern überhaupt möglich - empirisch zu Untersuchen... und praktisch immer kommt dabei heraus das das 'etablierte Wissen' nicht stimmen kann.
Was der Ersteller dieses Textes allerdings vergessen hat, ist, dass nur ein Teil der Sportwissenschaften naturwissenschaftlichen Charakter hat und ein sehr großer Teil aus Geisteswissenschaften besteht.

Wursti's Zitat schrieb:
Sprich den Schaden den Grosser/Weineck & Co. angerichtet haben in den sie "gefährliches Halbwissen" verbreitet haben ist IMHO frühestens dann behoben, wenn die erste Generation SpoWis den naturwissenschaftlichen Part ihrer Ausbildung exklusiv von Naturwissenschaftlern erhalten hat - und diese auf mit anderen Studiengängen vergleichbaren Niveau war - ihrerseits eine neue Generation von SpoWis ausbildet... intelligente, motivierte und vor allem kritische SpoWi's müssen freilich nicht solange warten, die gibt es meiner Erfahrung aber nur sehr selten.
Auch diese Textstelle halte ich für sehr unbedacht (auch unter dem Aspekt, dass z.B. Weineck Mediziner ist und damit auch tatsächlich die naturwissenschaftlichen Hintergründe von Naturwissenschaftlern gelehrt bekommen hat ... also genau das, was der Autor eigentlich will). Wie oben beschrieben bestehen Sportwissenschaften zu großen Teilen aus Geisteswissenschaften, und hier ist es mehr denn je der Fall, dass man eben Konstrukte baut, um beobachtbares zu erklären. Dass das nicht immer 100%ig hinhaut ist mMn logisch. Zudem sind viele Erkenntnisse der Wissenschaft sehr interpretationslastig und werden früher oder später (nicht selten) durch gegenteilige Erkenntnisse ersetzt, bis man wieder neuer herausfindet und sich der state of the art wiederum ändert. Die Newton'schen Gesetze werden immer noch verwandt, auch wenn diese bewiesenermaßen nicht universell gültig sind (für den alltäglichen Anwendungsbereich reichen sie allerdings aus). Bekommen wir also in der Schule „gefährliches Halbwissen“ bezüglich Physik gelehrt?

Interessant finde ich allerdings auch, dass so sehr über die bestehenden Modelle geschimpft und deren Ersteller als dumme Nachplapperer und Volksverdummer dargestellt werden ... aber ein wirklich bahnbrechendes, neues Modell habe ich bisher noch nicht gesehen (muss aber auch zugeben, dass ich diesbezüglich nicht up to date bin).

Wursti schrieb:
Genau wegen dieser Konfusion (Wenn man die Definitionen strikt anwendet, wird die Maximalkraft zum Teilaspekt der Schnellkraft. Auch nicht schlecht, wenn Maximalkraft angeblich die Basis sein soll) kann man solche Begriffe überhaupt nicht verwenden um wirkliche Überlegungen anzustellen.
Ich sehe keinen Bruch in dieser Logik. Wenn Maxkraft die Basis der Schnellkraft ist (welche Meinung ich im übrigen auch vertrete), ist sie doch automatisch ein Teilaspekt dieser. Dass man sich im Klaren darüber sein muss, dass solche Einteilungen und Definitionen meist mehr, manchmal weniger willkürlich vom Menschen festgelegt werden, versteht sich mMn von selbst. Mit diesem Verständnis im Hinterkopf kann man diese denke ich sehr wohl für Diskussionen und Überlegungen verwenden.

Was die Zukunft der Wissenschaft bringt müssen wir eben abwarten, und uns auf die momentanen und früheren Kenntnisse verlassen, diese gegeneinander abwägen, diskutieren und mit Praxiserfahrungen abgleichen.

VG, MarmorStein
 
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Wursti

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Das sehe ich anders. Mmn lässt sich eine möglichst hohe Kraftanstiegskurve nur realisieren, wenn das zu bewegende Ziel nicht ausweichen kann. Sobald sich die Last bewegt (und je weiter sie sich in der initialen Phase bewegt), desto mehr wird mMn der Kraftanstieg verzögert (da man der Last ja „nachlaufen“ muss).
Sicher lässt sie sich die theoretisch höchstmögliche Explosivkraft nicht gegen leichte Widerstände realisieren. Das Fmm/t (Delta in Gedanken davor) ist aber auch nicht explizit benannt. Das heißt, dass alle Fm/t (Delta in Gedanken davor) eingeschlossen sind (-->formale Logik von Definitionen. Implikationen sind nicht Teil von Definitionen, sondern Interpretationen und Anwendungen dieser).
Mit anderen Worten: Ein Gewichtheber, ein Kugelstoßer und ein Speerwerfer müssen alle einen möglichst steilen Kraftanstieg realisieren, was sie aber gegen verschiedene Widerstände tun müssen. Also gibt es widerstandsspezifische "Explosivkraftarten", wenn man diese Definition in der Praxis anwendet.
Ich weiß, was du meinst, aber das ist eben nicht in dieser Definitoin expliziert.

Maximalkraft ist meiner Ansicht nach die Fähigkeit, (in einer gegebenen Gelenkstellung) möglichst viele motorische Einheiten der beteiligten Muskeln gleichzeitig zu kontrahieren ... mMn ist das mit einer möglichst steilen Kraftanstiegskurve sehr wohl verwandt.
Nach deiner Definition definitiv (???), aber hier vermischt du zwei Ebenen. Die Definition der Explosivkraft beschreibt einen Finalen Vorgang, der eine Folge diverser physiologischer Vorgänge ist, während deine Definition von Maximalkraft physiologische Vorgänge selbst umfasst. Dieser Fehlschluss lässt sich gut daran erkennen, dass die Maximalkraft als Fähigkeit physiologische Vorgänge zu aktivieren automatisch die Explosivkraft als Folge dieser Vorgänge bestimmt. Damit wäre die Maximalkraft der physiologische Grund für die mechanische Wirkung der Explosivkraft.
Insofern ist es auch logisch, dass du die beiden als verwandt bezeichnest, da sie formal gesehen Ursache und Wirkung sind, wenn man deinen Definitionen folgt.
Ich kenne Maxkraft auch eher unter dieser Definition:
"Die Maximalkraft ist die höchstmögliche Kraft, die willkürlich gegen einen unüberwindlichen Widerstand erzeugt werden kann." (Grosser/Starischka: Konditionstraining).

Vielleicht könnte man auch argumentieren, dass die initiale Beschleunigung die fehlende Last wieder wett macht ... aber bleibt das leichte Gewicht so lange in Ruhe, bis wirklich auch möglichst alle Fasern kontrahieren können, oder hat es sich schon vorher bewegt, weil es eben doch zu leicht ist, um in der geforderten Zeit eine Reaktion möglichst aller muskelfasern zu bedingen?
In der Umkehrung des Hennemannschen Prinzips liegt IMHO die Antwort. Bei hohen Geschwindigkeiten tragen hauptsächlich die FT-Fasern bei, aber aktiviert sind logischerweise alle Fasern. Die lahmen Trödelfasern tragen nur nichts zur Kraftwirkung bei, weil sie aufgrund physiologischer Phänomene nicht hinterherkommen, obwohl sie doch alles geben, was sie können. So wie im ersten Gang auf dem Fahrrad. Fährst du bergab, kannst du noch so krass in die Pedale treten. Dein Kraftbeitrag zur Geschwindigkeit ist = 0, aber anstrengen tust du dich trotzdem.

Naja, wenn das die alleinige Basis wäre könnten wir wohl nicht die Beobachtung machen, dass Anfänger in den ersten vier Wochen ohne nennenswerte Hypertrophie sprunghafte Leistungssteigerungen verbuchen. Oder ist es inzwischen auch widerlegt, dass in den ersten Wochen die Kraftsteigerung auf das Rekrutieren von mehr (bisher „ungenutzten“) Muskelzellen zurückzuführen ist?
Jap. http://www.pubmedcentral.nih.gov/articlerender.fcgi?tool=pubmed&pubmedid=13152698 (auch die related auf pubmed sind interessant)
Es gibt auch sehr viele andere Faktoren, die noch bei Anfängern eine Rolle spielen können. Propriozeptionale Inhibition, Verbesserung motorische Programme, ATPaseaktivität... und und und

Ich bin nicht der Meinung, Muskelfaserrekrution würde nur von der Intention abhängen ... für mich ist sicher, dass die neur(on)ale Verschaltung einiges dazu beiträgt, und die will mMn trainiert werden.
Aber wo wäre dann die Bremse oder Engpass? Wenn ich den Vorgang einfach mal durchgehe:
Ich schicke von meinem motorischen Cortex ein Signal zu meinem Muskel. Je stärker dieses Signal ist, desto mehr, größere, stärkere, schnellere motorische Einheiten werden rekrutiert (Hennemann). Eine mögliche Bremse würde über Ruckkopplung mit den Propriozeptoren funktionieren, so dass man kein starkes Signal bei geringem Widerstand senden kann, allerdings wäre die Umkehrung Hennemanns dann nicht existent. Also gibt es diese Bremse schonmal nicht. Andere Bremsen fallen mir nicht ein um einer Rekrutierung entgegenzuwirken. Da dies anscheinend auch Anfänger können, liegt für mich der Schluss nahe, dass die Rekrutierung intentional abhängig ist, während die anderen Faktoren (bis zu einem gewissen Grad) trainierbar sind.
Sonst müsste ein motivierter Bodybuilder mit entsprechender Technik ja auch locker mit einem Powerlifter mithalten können, oder nicht?
Nein, denn er trainiert eben nicht mit so hohen Gewichten (sowohl %RM als auch absolut), was zur Folge hat, dass Inhibition und co. einen Strich durch die Rechnung machen. Außerdem haben BBler überhaupt nicht die Gelegenheit eine entsprechende Technik zu entwickeln, weil sie eben nicht spezifisch trainieren. Mit vernünftiger Technik würden BBler wahrscheinlich nicht so weit von PL abgeschlagen sein.
Die Auswirkungen von Inhibition kann man IMHO gut daran erkennen, dass je Fortgeschrittener (=höhere Gewichte) der Trainierende ist, desto größer der Unterschied zwischen Maximalem Trainingsgewicht und maximalem Wettkampfgewicht ist (vgl. Zatsis Krafttraining).

Das fett gedruckte beschreibt m.E. eindeutig eine plyometrische Komponente ... die m.W. auf der Vorinnervation sowie des Dehnungsreflexes basiert (und natürlich der elastischen Komponente des Muskels) ... trainiert man damit also tatsächlich die „Explosivität“ z.B. beim Bankdrücken, wo im Wettkampf (so weit ich weiß) die Last ein paar Sekunden auf der Brust ruhen muss, die Reflexkomponente also schon mal außen vor ist?
Klar, spielt hier stärker der DVZ mit, aber da es in der Praxis, wie du schon sagst, eine längere Pause auf der Brust erfolgt, ist für den Powerlifter hauptsächlich "explosive strength" bereinigt von der "reactive ability" interessant, denn je schneller er die Spannung aufbauen kann, desto eher glückt natürlich der Versuch.

Zudem: Trainiert man mit maximalen Lasten (im Extremfall gar mit statisch gegen unüberwindbaren Widerstand) nicht auch den angestrebten Bereich (also z.B. den unteren) mit maximaler Intensität?
Natürlich (so lange man immer hübsch Vollstoff gibt), aber ich nannte ja bereits die Vorteile der leichten Gewichte:
- spezifisches Training für den unteren Bereich, was bedeutet
- Weniger Trainingsbelastung durch "unnötiges" Explosivkrafttraining für die oberen Bereiche
- Geringere Gewichte bedeuten weniger ZNS-Schredderei

Da hab ich jetzt nicht ganz verstanden, was Du damit meinst ... kannst Du mir das bitte nochmal näher erläutern?
Es ist etwas anderes, ob ein Anfänger sein 1RM beugt oder ob ein Fortgeschrittener seine 300kg. Am Anfang der Powerlifterkarriere kann man noch häufig schwer Beugen und heben, was später dann ein Ding der Unmöglichkeit wird. (Muss cyclon auch häufiger schreiben)

Was der Ersteller dieses Textes allerdings vergessen hat, ist, dass nur ein Teil der Sportwissenschaften naturwissenschaftlichen Charakter hat und ein sehr großer Teil aus Geisteswissenschaften besteht.
Ok, wenn ich dann den Wikipediaartikel zu Rate ziehe, sehe ich nur Sportgeschichte als geisteswissenschaftliche Komponente.
Allerdings bezieht sich das auch hauptsächlich auf die Nomenklatur, womit Geisteswissenschaftler überhaupt nichts zu tun haben sollten --> sowas können die nämlich nicht.

Auch diese Textstelle halte ich für sehr unbedacht (auch unter dem Aspekt, dass z.B. Weineck Mediziner ist und damit auch tatsächlich die naturwissenschaftlichen Hintergründe von Naturwissenschaftlern gelehrt bekommen hat
Humanmediziner zeichnen sich oft dadurch aus unglaubliche Mengen Stoff innerhalb kürzester Zeit auswendig lernen zu können ohne sie im geringsten verstanden zu haben[2]
Eine Exfreundin von mir studiert Medizin und was die da gemacht hat, ist wirklich unter aller Sau und bestätigt diese These. Und Weineck hat das ganze noch sehr viel früher gelernt, als der Zustand noch beschissener war.
Ok, Weinecks Ausbildung ist nicht das Thema, desweiteren ist das ja nicht das ja nicht aus eigener Feder, sondern nur die Wiedergabe des Profs:
p.s. das ganze ist nicht mein geistiger Erguss sondern wurde uns in einem freiwilligen Seminar erzählt in dem sich sagen wir die kritischsten Sportstudenten meines Jahrgangs kurz vor Ende ihres Studiums versammelt haben. Der Erzähler war ein Prof. der von der DSH Köln nach München gewechselt ist und selber Biologe war.

Wie oben beschrieben bestehen Sportwissenschaften zu großen Teilen aus Geisteswissenschaften, und hier ist es mehr denn je der Fall, dass man eben Konstrukte baut, um beobachtbares zu erklären.
IMHO ist das letzlich bei allen Wissenschaften so, denn bereits jeder Vorgang in jeder Wissenschaft ist irgendwo relativ zu bekannten Konstrukten, Geschichte der Beobachtung usw.
Das heißt aber nicht, dass Konstrukte als solche akzeptabel sind, sondern nur, wenn sie bestimmten Kriterien genügen. Im Falle von Definitionen, die zur gleichen Ebene gehören (z.B. "sportmotorische Eigenschaften"), z.B. dass sie auch tatsächlich auf eine Ebene bleiben (Entweder ursachen- oder wirkungsbeschreibend sind) usw. Ein bisschen so wie Axiomatik in der Mathematik.
Dieses Wirrwarr der sportmotorischen Eigenschaften mit völlig abstrusen Folgen finde ich nicht akzeptabel.

Zudem sind viele Erkenntnisse der Wissenschaft sehr interpretationslastig und werden früher oder später (nicht selten) durch gegenteilige Erkenntnisse ersetzt, bis man wieder neuer herausfindet und sich der state of the art wiederum ändert. Die Newton'schen Gesetze werden immer noch verwandt, auch wenn diese bewiesenermaßen nicht universell gültig sind (für den alltäglichen Anwendungsbereich reichen sie allerdings aus). Bekommen wir also in der Schule „gefährliches Halbwissen“ bezüglich Physik gelehrt?
Es ist ein Riesenunterschied, ob ein Speziallfall eines größeren Phänomens gelehrt wird oder ob etwas wirklich Banane ist. Gefährliches Halbwissen bekommt man in der Geschichtswissenschaft sehr gut mit. In der Schule lernt man noch den ganzen "dunkles Mittelalter"-Käse gelehrt, was diverse Jahrzehnte veraltetes Wissen ist. Die Kirche ist laut Schulwissen die totale Spaß- (und Wissenschafts-)bremse gewesen, obwohl sie einen riesenhaften Teil der Wissenschaft gefördert hat (nicht, dass ich Kirche jetzt heilig spreche, aber so ist nunmal die Geschichte).
Den Sportkram würde ich eher mit der Lehre der vier Säfte vergleichen. Es ist auch ein Konstrukt, dass in seinen Grenzen funktioniert, aber dennoch offensichtlich vollkommen Banane ist.
Interessant finde ich allerdings auch, dass so sehr über die bestehenden Modelle geschimpft und deren Ersteller als dumme Nachplapperer und Volksverdummer dargestellt werden ... aber ein wirklich bahnbrechendes, neues Modell habe ich bisher noch nicht gesehen (muss aber auch zugeben, dass ich diesbezüglich nicht up to date bin).
Naja, das ist ein typisches "Wenn du es nicht besser kannst, darfst du auch nicht kritisieren!"-Argument. Das gilt nicht. Meine unbedingte Empfehlung wäre "Lore of Running" zu lesen. Noakes hat da wirklich sehr gute Arbeit geleistet und mit dem herkömmlichen aerob/anaerob-Käse sehr elegant aufgeräumt.
Außerdem ist mein Werk noch nicht draußen. 8) (Obwohl ich nicht glaube, dass es großen Anklang findet, denn ich bin ja absolut Noname. Außerdem verwende ich überhaupt keine sportspezfischen Begriffe, was Wissenschaftler überhaupt nicht gerne haben, denn ein eigenes Vokabular ist sowas wie eine wissenschaftliche Identität und Definitionshoheit.* Darüber hinaus bin ich mir ja nur bis jetzt sicher, dass meine Sachen supersexy sind, aber ich kann mich irren oder scheitern)
(Kommt wie gesagt auch vom Prof und nicht von uns Sterblichen)

Ich sehe keinen Bruch in dieser Logik. Wenn Maxkraft die Basis der Schnellkraft ist (welche Meinung ich im übrigen auch vertrete), ist sie doch automatisch ein Teilaspekt dieser.
Ich würde Überschneidungen als Fahrlässigkeit (immernoch Fehler, aber nicht so gravierend) gelten lassen, aber wenn Maximalkraft definitorisch vollständig in der Schnellkraft aufgeht, ist die Maximalkraft ein Spezialfall der Schnellkraft. Das macht die Schnellkraft zur Basis der Maximalkraft.
Desweiteren steht da noch das Zitat vom Zatsi im Raum:
The ability to produce maximal forces in minimal time is called explosive strength. Strong people do not necessarily possess explosive strength.”

Dass man sich im Klaren darüber sein muss, dass solche Einteilungen und Definitionen meist mehr, manchmal weniger willkürlich vom Menschen festgelegt werden, versteht sich mMn von selbst. Mit diesem Verständnis im Hinterkopf kann man diese denke ich sehr wohl für Diskussionen und Überlegungen verwenden.
Erstens ist diese Willkür totaler wissenschaftstheoretischer Murks, denn ohne formale und korrekte Her- und Ableitung, stehen immer die Konstrukte selbst zur Diskussion, so wie es gerade in diesem Augenblick der Fall ist. Es erschwert eine Diskussion ungemein, wenn zwei Menschen sich nicht über die Sprache einig werden können, weil die Vokabeln, die Grammatik und damit das Denken ipse willkürlich (und damit unsachlich) sind.

*Interessant dazu diverse Passagen aus Dietrich Schwanitz "Allgemeinbildung. Alles, was man wissen muss." und die Bücher von Thomas Samuel Kuhn
 

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Wursti

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Fm ist die Abkürzung der maximalen Kraft mit unveränderten Parametern:
z.B. Kugelstoßen mit 7kg. Du probierst es ein paar mal und die größtmögliche Kraft, die du auf die Kugel wirken lassen kannst, ist dann Fm.
mm ist die Abkürzung für maximum maximorum.
z.B. Kugestoßen überhaupt. Du kannst es auch mit verschieden schweren Kugeln ausprobieren. Die größte Kraft hier ist dann dein Fmm.
Fm ist so gesehen eine Teilmenge vom Fmm.

DVZ=Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus.


Danke schon mal, interessante Diskussion!
Find' ich auch. :)
 

kecks

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Wursti schrieb:
Ich sehe keinen Bruch in dieser Logik. Wenn Maxkraft die Basis der Schnellkraft ist (welche Meinung ich im übrigen auch vertrete), ist sie doch automatisch ein Teilaspekt dieser.
Ich würde Überschneidungen als Fahrlässigkeit (immernoch Fehler, aber nicht so gravierend) gelten lassen, aber wenn Maximalkraft definitorisch vollständig in der Schnellkraft aufgeht, ist die Maximalkraft ein Spezialfall der Schnellkraft. Das macht die Schnellkraft zur Basis der Maximalkraft.
Desweiteren steht da noch das Zitat vom Zatsi im Raum:
The ability to produce maximal forces in minimal time is called explosive strength. Strong people do not necessarily possess explosive strength.”

Kleines empirisches Beispiel, vll. als Falsifikation geeignet (und als Bestätigung von Zatsi... argumentationslogisch ist letzteres aber wesentlich weniger stark, da man alles endlos belegen kann, ohne daß es dadurch auch nur einen Hauch "wahrer" wird, während eine simple kleine empirische Widerlegung und schon... :D):

Meine Hebekollegin, 18 Jahre alt, hat mit mir zusammen mit dem Gewichtheben angefangen. Sie hat vorher etwas Kickboxen gemacht, ein bißchen Fußball und Handball gespielt, etwas länger auch KDK versucht. Die Frau ist SEHR stark - sie hat eine hohe "Maximalkraft". Und sie ist wirklich lahm - sie hat fast keine brauchbare "Schnellkraft"; besonders schlimm ist die quasi nicht vorhandene "Explosivkraft". Dieser Zustand ändert sich jetzt langsam dank spezifischen Trainings (Plyos, Sprünge generell - nicht alle Sprünge sind Plyos), aber dieser Faktor wird bei ihr sicherlich auch auf lange Sicht letztendlich leistungslimitierend bleiben. Wer stark ist, ist manchmal auch ziemlich lahm.
 

MarmorStein

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Re: Diskussion: Training von Explosivität (im Powerlifting?)

kecks schrieb:
Wer stark ist, ist manchmal auch ziemlich lahm.
Viele ST, wenig FT Fasern?

Wursti schrieb:
Aber wo wäre dann die Bremse oder Engpass? Wenn ich den Vorgang einfach mal durchgehe: (...)
Ich glaube hier hast Du mich falsch verstanden. Ich schrieb: „Ich bin nicht der Meinung, Muskelfaserrekrution würde nur von der Intention abhängen. Dass die neur[on]ale Verschaltung einem Lernprozess unterliegt scheint auch Deine Meinung zu sein:
Wursti schrieb:
Es gibt auch sehr viele andere Faktoren, die noch bei Anfängern eine Rolle spielen können. Propriozeptionale Inhibition, Verbesserung motorische Programme, ATPaseaktivität... und und und
Das Training von intramuskulärer Koordination ist mMn auch nichts anderes als eine Veränderung von motorischen Programmen.

Wursti schrieb:
Klar, spielt hier stärker der DVZ mit, aber da es in der Praxis, wie du schon sagst, eine längere Pause auf der Brust erfolgt, ist für den Powerlifter hauptsächlich "explosive strength" bereinigt von der "reactive ability" interessant, denn je schneller er die Spannung aufbauen kann, desto eher glückt natürlich der Versuch.
Was bringt es dann, zum Training von explosive strength plyometrische Trainingsformen zu wählen, die hauptsächlich auf der reactive ability basieren? Dies hast Du mMn als Hauptgrund für die schnelle Bewegung angegeben:
Wursti schrieb:
Hier ist das Speedtraining super gut geeignet, weil man durch die schnelle Bewegung hauptsächlich im unteren Bereich trainiert und durch schnelle Umkehr in Folge der Trägheit schnell Spannung entwickelt werden muss.
Da diese schnelle Spannungsentwicklung m.W. 1. aufgrund der Vorinnervation in Erwartung „des Aufpralls“ geschieht und 2. durch den Reflex stark unterstützt wird, sehe ich keinerlei Benefit für die Wettkampfübung, da dort wie oben schon angesprochen die Stange eine gewisse Zeit zur Ruhe kommen muss.

Wursti schrieb:
In der Umkehrung des Hennemannschen Prinzips liegt IMHO die Antwort. Bei hohen Geschwindigkeiten tragen hauptsächlich die FT-Fasern bei, aber aktiviert sind logischerweise alle Fasern. Die lahmen Trödelfasern tragen nur nichts zur Kraftwirkung bei, weil sie aufgrund physiologischer Phänomene nicht hinterherkommen, obwohl sie doch alles geben, was sie können.
Gegen hohe Lasten passiert das selbe, nur tragen die langsameren Fasern auch zur Kraftentwicklung bei. Zudem wird tatsächlich die Wettkampfsituation trainiert, ohne die „Schummelei“ durch die Muskeldehnungsreflexkomponente, die damm im Wettkampf natürlich fehlt.

Wursti schrieb:
Natürlich (so lange man immer hübsch Vollstoff gibt), aber ich nannte ja bereits die Vorteile der leichten Gewichte:
- spezifisches Training für den unteren Bereich, was bedeutet
- Weniger Trainingsbelastung durch "unnötiges" Explosivkrafttraining für die oberen Bereiche
Sehe in diesen beiden Vorteilen keinen Unterschied zum isometrischen Training im „unteren Bereich“ ... isometrisches Training hat zudem gar kein unnötiges Explosivkrafttraining für die „oberen Bereiche“.
Wursti schrieb:
- Geringere Gewichte bedeuten weniger ZNS-Schredderei
Worauf basiert dies? Gilt dies auch für geringere bewegungsumfänge? (da bin ich nicht so up to date)

Wursti schrieb:
Mit anderen Worten: Ein Gewichtheber, ein Kugelstoßer und ein Speerwerfer müssen alle einen möglichst steilen Kraftanstieg realisieren, was sie aber gegen verschiedene Widerstände tun müssen. Also gibt es widerstandsspezifische "Explosivkraftarten", wenn man diese Definition in der Praxis anwendet.
Das glaube ich nicht. Alle drei Beispielsportler wollen eines: so schnell wie möglich so viel Kraft aufwenden wie möglich, um ein Objekt so stark wie möglich zu beschleunigen. Für mich ist da das „alles oder nichts“ Prinzip erfüllt, je mehr Muskelfasern gleichzeitig kontrahieren (und der Bewegungsgeschwindigkeit nachkommen) desto mehr Kraft kann entwickelt werden. Bei Sportlern wie beispielsweise dem Gewichtheber können auch die langsamer zuckenden Fasern noch ihren Teil dazu beitragen, da die Bewegungsgeschwindigkeit langsam genug ist.
Entspricht auch dem Hennemann'schen Prinzip.

Wursti schrieb:
Die Definition der Explosivkraft beschreibt einen Finalen Vorgang, der eine Folge diverser physiologischer Vorgänge ist, während deine Definition von Maximalkraft physiologische Vorgänge selbst umfasst. Dieser Fehlschluss lässt sich gut daran erkennen, dass die Maximalkraft als Fähigkeit physiologische Vorgänge zu aktivieren automatisch die Explosivkraft als Folge dieser Vorgänge bestimmt. Damit wäre die Maximalkraft der physiologische Grund für die mechanische Wirkung der Explosivkraft.
Ich sehe jede „Kraftart“ als Folge physiologischer Vorgänge. MMn sind Maximalkraft, Explosivkraft, Startkraft und Schnellkraft das selbe, nur wurden sie aufgrund der Beobachtung und Namensgebung eben so eingeteilt. Hier kann man durchaus die von Dir genannte Intention nennen. Die Intention: eine Last möglichst schnell zu beschleunigen. Dies geht unabhängig von der Last dadurch, indem man möglichst viele Muskelfasern gleichzeitig kontrahiert. Das Ergebnis in Form des maximalen Kraftoutputs hängt natürlich davon ab, wie viele Muskelfasern der Bewegungsgeschwindigkeit hinterherkommen.

Wursti schrieb:
Ok, wenn ich dann den Wikipediaartikel zu Rate ziehe, sehe ich nur Sportgeschichte als geisteswissenschaftliche Komponente.
Hm, vielleicht bin ich ja nicht so ganz Begriffsfest. Ich hätte jetzt Sport -soziologie, -didaktik, -pädagogik, -psychologie, -recht mit zu den Geisteswissenschaften gezählt.

Wursti schrieb:
IMHO ist das letzlich bei allen Wissenschaften so, denn bereits jeder Vorgang in jeder Wissenschaft ist irgendwo relativ zu bekannten Konstrukten, Geschichte der Beobachtung usw.
Das heißt aber nicht, dass Konstrukte als solche akzeptabel sind, sondern nur, wenn sie bestimmten Kriterien genügen.
Dem stimme ich natürlich zu. Allerdings sollte man zwei verschiedene Tätigkeiten der Wissenschaftler unterscheiden: Zum Einen haben wir die Forscher, zum Anderen diejenigen, welche die Forschungsergebnisse für die Allgemeinheit aufbereiten (so sehe ich das jedenfalls). Die einen denken sich Konstrukte aus und forschen, die anderen sammeln das vorhandene und schreiben das, was „state of the art“ ist, zusammen. Und wenn das beste vorhandene Material eben schlecht ist, muss man eben damit auskommen, bis etwas besseres entwickelt ist.

Wursti schrieb:
Naja, das ist ein typisches "Wenn du es nicht besser kannst, darfst du auch nicht kritisieren!"-Argument. Das gilt nicht.
Zugegeben. Doch es ist auch die Art und Weise, wie man kritisiert, die mMn zählt. Man sollte sich schon auch Gedanken darüber machen, was man kritisiert.

Wursti schrieb:
Meine unbedingte Empfehlung wäre "Lore of Running" zu lesen.
So bald ich Zeit und Muße finde, werde ich das tun, versprochen.

Wursti schrieb:
Erstens ist diese Willkür totaler wissenschaftstheoretischer Murks, denn ohne formale und korrekte Her- und Ableitung, stehen immer die Konstrukte selbst zur Diskussion, so wie es gerade in diesem Augenblick der Fall ist.
Tja, so ist Wissenschaft ... Schritt für Schritt vorwärts. Deswegen werden Definitionen ja immer wieder mal umgeschmissen.

Edit:
Bezüglich des Themas: Danke für die rege Beteiligung (vor Allem von Dir, Wursti), hat mich schon wesentlich weiter gebracht. Ich muss sagen, mir erscheint es jetzt nicht mehr so unlogisch, auch schnell zu trainieren. Wursti's Ansicht wird auch von der Studie von Schlumberger et al. (2001) unterstützt.

VG, MarmorStein

Literatur:
- Schlumberger A., Wirth K., Liu Y., Steinacker J., Schmidtbleicher D. (2001). Effekte eines Trainings mit einer Schnellkraftmethodenkombination. BISp-Jahrbuch 2001
 
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Wursti

Guest
Viele ST, wenig FT Fasern?
Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich bin ziemlich fix, bin aber maxkrafttechnisch relativ schwach. ;D

Ich glaube hier hast Du mich falsch verstanden. Ich schrieb: „Ich bin nicht der Meinung, Muskelfaserrekrution würde nur von der Intention abhängen. Dass die neur[on]ale Verschaltung einem Lernprozess unterliegt scheint auch Deine Meinung zu sein:
Die von mir aufgeführten anderne Faktoren bedingen aber nicht die Rekrutierung, sondern höchstens Frequentierung und Synchronisation.

Das Training von intramuskulärer Koordination ist mMn auch nichts anderes als eine Veränderung von motorischen Programmen.
Deiner Meinung, hat aber nichts mit Rekrutierung von brachliegenden motorischen Einheiten.

Was bringt es dann, zum Training von explosive strength plyometrische Trainingsformen zu wählen, die hauptsächlich auf der reactive ability basieren? Dies hast Du mMn als Hauptgrund für die schnelle Bewegung angegeben
Plyometrische Übungen haben einen fetten Transfer zur explosive strength. Folgte man deiner Argumentation, könnte man sich auch als Kugelstoßer direkt alle Oberkörperplyos abschminken.
Gegen hohe Lasten passiert das selbe, nur tragen die langsameren Fasern auch zur Kraftentwicklung bei. Zudem wird tatsächlich die Wettkampfsituation trainiert, ohne die „Schummelei“ durch die Muskeldehnungsreflexkomponente, die damm im Wettkampf natürlich fehlt.
Das ist ja genau mein Argument. Es passiert im Grunde (eigentlich auch nicht) das Gleiche, aber niedrige Lasten = spezfisch (gezielt der untere Bereich) + ZNS-schonend.

Sehe in diesen beiden Vorteilen keinen Unterschied zum isometrischen Training im „unteren Bereich“ ... isometrisches Training hat zudem gar kein unnötiges Explosivkrafttraining für die „oberen Bereiche“.
Nur das isometrisches Training koordinativ nicht so komplex ist, aber gerade die Koordination ist ja Ziel der Speedsätze. Rapider Spannungsaufbau pur, lässt sich natürlich super trainieren. Das wäre auf jeden Fall eine coole Sache für PL.

Worauf basiert dies? Gilt dies auch für geringere bewegungsumfänge? (da bin ich nicht so up to date)
Ich habe keine Ahnung. Wie gesagt, meine Vermutung liegt in Richtung propriozeptionale Rückkopplung. Je größer die wirkenden Kräfte, desto größer das Feedback und das Signal des Gehirns, welches dann die Symptome der Trainingsbelastung produziert.

Das glaube ich nicht. Alle drei Beispielsportler wollen eines: so schnell wie möglich so viel Kraft aufwenden wie möglich, um ein Objekt so stark wie möglich zu beschleunigen. Für mich ist da das „alles oder nichts“ Prinzip erfüllt, je mehr Muskelfasern gleichzeitig kontrahieren (und der Bewegungsgeschwindigkeit nachkommen) desto mehr Kraft kann entwickelt werden. Bei Sportlern wie beispielsweise dem Gewichtheber können auch die langsamer zuckenden Fasern noch ihren Teil dazu beitragen, da die Bewegungsgeschwindigkeit langsam genug ist.
Entspricht auch dem Hennemann'schen Prinzip.
Jap, das ist das Ziel, aber in der Praxis hat es sich bewährt, dass Speerwerfer deutlich weniger Maxkraft (=geringeres %RM) trainieren.

Ich sehe jede „Kraftart“ als Folge physiologischer Vorgänge.
So lassen sich deine Definitionen aber nicht interpretieren.

Die Intention: eine Last möglichst schnell zu beschleunigen. Dies geht unabhängig von der Last dadurch, indem man möglichst viele Muskelfasern gleichzeitig kontrahiert. Das Ergebnis in Form des maximalen Kraftoutputs hängt natürlich davon ab, wie viele Muskelfasern der Bewegungsgeschwindigkeit hinterherkommen.
Dagegen spricht klar die Praxis, welche durch Zatsis Zitat widergegeben wird. Maxkraft (1RM) und Explosivkraft korrelieren weniger miteinander je kleiner das zu beschleunigende Gewicht Referenz ist.

Hm, vielleicht bin ich ja nicht so ganz Begriffsfest. Ich hätte jetzt Sport -soziologie, -didaktik, -pädagogik, -psychologie, -recht mit zu den Geisteswissenschaften gezählt.
Das sind Sozialwissenschaften. Recht ist irgendwie nichts richtig. Psychologie versteht sich selber als Naturwissenschaft (Klingt seltsam. Vielleicht nur bei uns an der Uni so). Soll aber auch keine Begriffsklauselei sein. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den beiden, was hier aber zu Offtopic wird.

Zugegeben. Doch es ist auch die Art und Weise, wie man kritisiert, die mMn zählt. Man sollte sich schon auch Gedanken darüber machen, was man kritisiert.
Ich weiß nicht. Ich finde polemische Profs super, weil so das ganze mehr Spaß macht. Außerdem hat der Zitierte wirklich schwer was auf dem Kasten. Der kann sich das auch erlauben. Ich finde es gut, wie es die Mathefakultät hält. Die Coolen dürfen treten (ständig irgendetwas Superschweres trivial nennen u.Ä.).

So bald ich Zeit und Muße finde, werde ich das tun, versprochen.
Also mir hat es wirklich Spaß gemacht. ;D

Tja, so ist Wissenschaft ... Schritt für Schritt vorwärts. Deswegen werden Definitionen ja immer wieder mal umgeschmissen.
Klingt nach Akkumulationstheorie (Wissenschaft=stetiger Fortschritt von Wissen). Ist aber auch schon über den Haufen (klammert noch ein bisschen, wird aber hoffentlich kräftig getreten). -->Wikipediaartikel zu Thomas Kuhn.

Bezüglich des Themas: Danke für die rege Beteiligung (vor Allem von Dir, Wursti), hat mich schon wesentlich weiter gebracht. Ich muss sagen, mir erscheint es jetzt nicht mehr so unlogisch, auch schnell zu trainieren. Wursti's Ansicht wird auch von der Studie von Schlumberger et al. (2001) unterstützt.
Macht Spaß (interessantes Thema und sachliche Teilnehmer).
 

MarmorStein

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Re: Diskussion: Training von Explosivität (im Powerlifting?)

Wursti schrieb:
Deiner Meinung, hat aber nichts mit Rekrutierung von brachliegenden motorischen Einheiten.
Vielleicht habe ich auch eine falsche Sichtweise, und ich muss zugeben, ich hab mich damit nicht so sehr beschäftigt. Für mich gäbe es zum Verständnis diesbezüglich folgendes zu klären: Auf welche Art und Weise werden „brach liegende“ motorische Einheiten rekrutiert?

Wursti schrieb:
Plyometrische Übungen haben einen fetten Transfer zur explosive strength.
Dies würde mich mal interessieren, wie der Mechanismus ist ... sozusagen, kannst Du diese Aussage auch belegen?

Wursti schrieb:
Folgte man deiner Argumentation, könnte man sich auch als Kugelstoßer direkt alle Oberkörperplyos abschminken.
Das ist eben auch ein Aspekt meiner Thread-Eröffnungs-Frage, welche ich gerne geklärt hätte. Gibt es auch andere Hinweise darauf als „die Erfahrung zeigt's“?
Meine gedankliche Grundlage: Der Glaube kann Berge versetzen ... wenn ich glaube, Plyos machen mich explosiver, auch wenn die Plyo-Voraussetzungen nicht gegeben sind, könnte doch vielleicht der Placeboeffekt greifen. Zudem wird ja nicht nur die eine trainingsform durchgeführt, sondern parallel das normale Training weiter geführt. In diesem Sinne ist auch die von mir im letzten Post genannte Studie von Schlumberger et al. nicht soooo aussagekräftig, weil die Interventionsgruppe Plyos und explosiv-konzentrische Übungen durchgeführt hat (welche von beiden hat's jetzt raus gerissen? Oder waren's beide?). Nach meiner Logik sind die explosiven konzentrischen Übungen wirkungsvoller als die Plyos (aus in den vorigen Posts erläuterten Gründen). Sind jetzt natürlich nur Überlegungen aufgrund meiner Logik.

Wursti schrieb:
Nur das isometrisches Training koordinativ nicht so komplex ist, aber gerade die Koordination ist ja Ziel der Speedsätze.
Ich dachte die Explosivität sei das Ziel der Speedsätze im PL? Für den Wettkampf ist es doch unerheblich, ob der Powerlifter die Ausführung mit niedrigen Gewichte unter schneller Geschwindikeit gut koordinieren kann, da er da ja nur maximale Gewichte (und diese nicht ganz so schnell) bewegt.
Ansonsten stimme ich Dir natürlich zu ... wenn man schnelle Bewegungen braucht muss man diese auch (über)schnell trainieren, dass die koordination stimmt.

Wursti schrieb:
Rapider Spannungsaufbau pur, lässt sich natürlich super trainieren. Das wäre auf jeden Fall eine coole Sache für PL.
^^ ich dachte darum geht’s bei Explosivität ...

Wursti schrieb:
Ich habe keine Ahnung. Wie gesagt, meine Vermutung liegt in Richtung propriozeptionale Rückkopplung. Je größer die wirkenden Kräfte, desto größer das Feedback und das Signal des Gehirns, welches dann die Symptome der Trainingsbelastung produziert.
Okay, anders gefragt: Hast Du irgendwelche Quellen, welche dieses „ZNS-Schreddern“ belegen? Hatte nämlich schon mit wem anders mal eine Diskussion darüber und ich höre und lese das immer öfter, aber ich find nix dazu.

Wursti schrieb:
Dagegen spricht klar die Praxis, welche durch Zatsis Zitat widergegeben wird. Maxkraft (1RM) und Explosivkraft korrelieren weniger miteinander je kleiner das zu beschleunigende Gewicht Referenz ist.
Naja, ist ja logisch. Wenn 5 motorische Einheiten reichten, die Last sofort auf die maximale Kontraktionsgeschwindigkeit zu beschleunigen, ist es unerheblich, ob sich noch weitere 50 motorische Einheiten kontrahieren oder nicht. Sie tun es aber trotzdem (jedenfalls nach dem Hennemann'schen Prinzip). Dieses Prinzip bestätigt daher mMn meine Ansicht. Egal wie viel Last anliegt, wenn man etwas so explosiv wie möglich bewegen will, werden alle motorischen Einheiten aktiviert, unabhängig von der Last. Gegen alle Lasten wird die selbe Kraft aufgebracht, nur wirken die Lasten dieser entsprechend ihrer Trägheit entgegen (leichte Lasten kaum, schwere Lasten mehr) und gegen leichte Lasten geht eben viel der Kraft ins Leere.
Allerdings müsste ich Dir in diesem Fall insofern Recht geben: Man könnte verschiedene "Explosiv"kraftstufen einteilen, und zwar in Abhängigkeit der Kontraktionsgeschwindigkeit der Fasern. Ist die Last so leicht, dass sie nur durch die Aktion der schnellst zuckenden Fasern sofort auf deren Kontraktionsgeschwindigkeit beschleunigt werden kann, können die langsameren Fasern ihre Kraftentwicklung nicht (effektiv) auf die Last übertragen (weil sie ja zu langsam sind) ... das wäre dann meinetwegen die IIb-Explosivkraft, die eben aus der maximalen Kraftentwicklung nur der reinen IIb-Fasern besteht. So könnte man das Schrittweise über jede "Zuckungsgeschwindigkeitsstufe" (wie viele es auch geben mag) fortführen ... auch hier natürlich reinste Gedankenspielerei
Edit: Um auf das Zitat zurückzukommen ... unter diesem Gesichtspunkt korreliert die Maximalkraft (welche ja die statische Maximalkraft ist) und die Explosivkraft weniger miteinander, je kleiner das zu beschleunigende Gewicht Referenz ist, da ja auch die Bewegungsgeschwindigkeit eine andere ist. Ich würde vermuten, wenn man für eine bestimmte Last die Bewegungsgeschwindigkeit misst und dann am Isokineten bei dieser Geschwindigkeit die dynamische Maximalkraft bestimmt, ist die Korrelation wieder da.
/Edit

Wursti schrieb:
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sportsfreund

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Hi!

Viele ST, wenig FT Fasern?
Bei mir ist es genau umgekehrt. Ich bin ziemlich fix, bin aber maxkrafttechnisch relativ schwach.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Körper so arbeitet und höre es auch zum ersten Mal - liege ich falsch ?

Was ich bisher gelesen habe:
ST - Fasern -> geringe Kraftentwicklung, (weil) langsam zuckend, sehr ausdauernd
FT - Fasern -> hohe Kraftentwicklung, (weil) schnell zuckend, schnell ermüdend

Für eine allgemein relativ hohe Kraft, spricht daher mMn ein hoher Anteil an FT - Fasern. FT - Fasern ermöglichen aber auch schnelle Bewegungen. -> Korrelation mit Wurstis Einschätzung seiner selbst. ;)

Meine Idee zur Erklärung von Keks' - hohe Maxkraft, aber lahm - Bsp., liegt nicht in den Fasertypen, sondern Dingen wie neuromuskuläre Koordination, Energiebereitstellung, usw. Bei Wurstis Bsp. tue ich mir da schwer.

Man könnte verschiedene "Explosiv"kraftstufen einteilen, und zwar in Abhängigkeit der Kontraktionsgeschwindigkeit der Fasern. Ist die Last so leicht, dass sie nur durch die Aktion der schnellst zuckenden Fasern sofort auf deren Kontraktionsgeschwindigkeit beschleunigt werden kann, können die langsameren Fasern ihre Kraftentwicklung nicht (effektiv) auf die Last übertragen (weil sie ja zu langsam sind)
Diese Meinung kann ich auch teilen, eben bei explosiven, sehr schnellen, Bewegungen.

Hm, bin etwas verwirrt, hoffentlich habe ich nicht zu viel Blödsinn da geschrieben^^

Muss aber noch sagen...
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.. ihr seid halt klasse, Jungs ;).
mfg
 

MarmorStein

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sportsfreund schrieb:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Körper so arbeitet und höre es auch zum ersten Mal - liege ich falsch ?

Was ich bisher gelesen habe:
ST - Fasern -> geringe Kraftentwicklung, (weil) langsam zuckend, sehr ausdauernd
FT - Fasern -> hohe Kraftentwicklung, (weil) schnell zuckend, schnell ermüdend
Ja und nein. Die Kraftentwicklung der jeweiligen Fasern hängt auch davon ab, ob (und wohl auch wie schnell) Bewegung statt findet.
Deetjen et al. (2005) S. 211 schrieb:
Typ-S-Fasern („slow“), auch Gruppe-I-Einheiten genannt, entwickeln bei Einzelzuckungen und tetanischen Kontraktionen eine geringe Kontraktionskraft.
Deetjen et al. (2005) S. 212 schrieb:
Typ-FR-Fasern („fast, fatigue-resistant“), auch als Gruppe-IIA-Fasern bezeichnet, entwickeln bei Einzelzuckungen und tetanischen Kontraktionen eine sehr hohe Kontraktionskraft.
Deetjen et al. (2005) S. 212 schrieb:
Typ-FF-Fasern („fast, fast-fatigable“), auch Gruppe-IIB-Fasern genannt, entwickeln bei Einzelzuckungen und tetanischen Kontraktionen eine mittlere Kontraktionskraft.
Deetjen et al. (2005) S. 214 schrieb:
Die maximale isometrische Kraft beim Tetanus ist jedoch bei schnellen und langsamen Muskelfasern gleich (ca. 19-21 N/cm2).
Dies schätze ich mal basiert auf meiner in vorigen Posts genannten Annahme, dass die Kraft der jeweiligen Fasern nur effektiv zum Einsatz kommen kann, wenn eine gewisse für die betreffenden Fasern spezifische Kontraktionsgeschwindigkeit nicht überschritten wird. Bei maximalen Lasten ist die Bewegungsgeschwindigkeit logischermaßen gering, so dass auch die langsam zuckenden Fasern ihre Kraft entfalten können => verfügt man über viele ST-Fasern, ist man „langsam“ und „weniger explosiv“, aber immer noch genauso „stark“ wie jemand mit vielen FT-Fasern.

Sportsfreund schrieb:
Meine Idee zur Erklärung von Keks' - hohe Maxkraft, aber lahm - Bsp., liegt nicht in den Fasertypen, sondern Dingen wie neuromuskuläre Koordination, Energiebereitstellung, usw. Bei Wurstis Bsp. tue ich mir da schwer.
Naja, die Energiebereitstellung wirkt sich meines Wissens nicht so sehr auf die Maxkraft aus. Ist ja so wie ich das sehe auch im Zeitrahmen von ATP-KP. Neuromuskuläre Koordination vielleicht, aber das ist ja auch ein Aspekt, den die Powerlifter versuchen, auszureizen, also gehe ich da jetzt mal nicht von so gravierenden Unterschieden aus. Wenn, dann würde ich Dinge wie "bessere Hebelvoraussetzungen" oder so noch in Erwägung ziehen.

VG, MarmorStein

Literatur:
- Deetjen, Speckmann, Hescheler. (2005). Physiologie. 4.A.Elsevier Urban & Fischer: München - Jena
 

sportsfreund

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Mhm, OK, kenn mich aus, danke. Leuchtet eig. eh ein.

liegt nicht in den Fasertypen, sondern Dingen wie neuromuskuläre Koordination, Energiebereitstellung, usw.
Ich wollte nicht nur "n. K." schreiben ;) sowas wie Hebelbedingungen ist mir ned eingefallen.

mfg
 
W

Wursti

Guest
Vielleicht habe ich auch eine falsche Sichtweise, und ich muss zugeben, ich hab mich damit nicht so sehr beschäftigt. Für mich gäbe es zum Verständnis diesbezüglich folgendes zu klären: Auf welche Art und Weise werden „brach liegende“ motorische Einheiten rekrutiert?
Laut oben geposteter Evidenz liegt nichts brach. Man lernt es nur zu koordinieren.

Dies würde mich mal interessieren, wie der Mechanismus ist ... sozusagen, kannst Du diese Aussage auch belegen?
Ich kann hier leider nur die Praxis als wehende Fahne vor mir herschwingen. Ich finde keine Studie, bei welcher plyometrisch trainiert wurde, aber ohne DVZ getestet wurde. Insofern habe ich keinen adäquaten Beleg, obwohl ich das eher auf meine Dämlichkeit zu suchen schieben möchte.
Höchstens Schmidtbleicher zitiert in "High-powered Plyometrics" von Radcliffe/Farentinos:"Training with a prestretch and activating neuromuscular components improves the efficiency of neural actions and muscular performance."
(Zitiert aus Schmidtbleicher, Training for power events, 1992)
Ich dachte die Explosivität sei das Ziel der Speedsätze im PL? Für den Wettkampf ist es doch unerheblich, ob der Powerlifter die Ausführung mit niedrigen Gewichte unter schneller Geschwindikeit gut koordinieren kann, da er da ja nur maximale Gewichte (und diese nicht ganz so schnell) bewegt.
Wir benutzen verschiedene Bedeutungen für Koordination. Ziel ist es nicht die Muskelfasern koordinativ an eine hohe Geschwindigkeit anzupassen, sondern in einem Zustand dynamischen Gleichgewichtes (also eines, das durch ausgleichende Muskeltätigkeit aufrecht erhalten wird) viel Kraft zu entwickeln. Bei isometrischem (mit unbewegbaren) Widerstand enfällt das.

^^ ich dachte darum geht’s bei Explosivität ...
Im Grunde schon, aber wenn man zu Banane ist während des Spannungsaufbaus auch das Gleichgewicht zu halten und die Proprios durch Inhibition eine Bremse dazuschalten, ist alle theoretische Explosivität für die Katz'. :)

Hast Du irgendwelche Quellen, welche dieses „ZNS-Schreddern“ belegen? Hatte nämlich schon mit wem anders mal eine Diskussion darüber und ich höre und lese das immer öfter, aber ich find nix dazu.
Nope. Das ist reines Praxiswissen aus der Powerliftergemeinde. Übertraining ist auch so ein Mysterium, von dem jeder eine Ahnung hat, aber scheinbar niemand etwas Genaueres weiß (und vernünftig ohne maximalen zusätzlichen Theorieload belegen kann).
Meine Theorie über Propriorückkopplung wird hier auch gestärkt durch die Tatsache, dass Kniebeuge und Kreuzheben besonders belastend sind, denn sie prognostiziert, dass je mehr Muskelmasse rekrutiert werden muss, desto belastender die Übung.

Gegen alle Lasten wird die selbe Kraft aufgebracht
Geht ja nicht. Gegen kleine Lasten sind ja nicht so viele motorische Einheiten am Ball.

Ich glaube, unser Widerspruch ist garnicht so groß, wie ich am Anfang dachte. Selbstverständlich ist das Training mit maximalen Lasten (und explosivem Krafteinsatz) ein gutes Mittel um die intramuskuläre Koordination (Samt Proprios und hastenichtgesehen) zu trainieren. Allerdings muss das logischerweise für hohe Realgeschwindigkeiten nochmal extra geschehen, eben wegen der koordinativen Geschichte. Das heißt mit geringeren Gewichten geht auch so einiges, aber mit weniger ZNS-Belastung + spezifisch. Ergo ein gutes Supplement für das Training.
Da gab es mal eine coole Studie, die auch das unterstützt, wofür du plädierst. Da ging es eben um statisch explosives Training. Die Autoren stellten eben auch die Hypothese auf, dass allein die Intention das Gewicht maximal zu beschleunigen schon ausreicht um Anpassungserscheinungen in Richtung Rate of Force Development auszulösen.
Dagegen halte ich allerdings, dass es es immernoch die geschwindigkeitsspezifische Kraftzunahme gibt, die auch am Isokineten belegt wurde (steht irgendwo im Zatsi; leider verliehen --> keine Seitenangabe).

Ich würde vermuten, wenn man für eine bestimmte Last die Bewegungsgeschwindigkeit misst und dann am Isokineten bei dieser Geschwindigkeit die dynamische Maximalkraft bestimmt, ist die Korrelation wieder da.
Was korreliert gerade miteinander? Die gschwindigkeitsspezfische dynamische Maximalkraft und die Statische? Oder die Explosivkraft und die dynamische Maximalkraft?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Körper so arbeitet und höre es auch zum ersten Mal - liege ich falsch ?
Nö, ist eigentlich ganz logisch. Ich trainiere meine Explosivkraft schwerpunktmäßig meine Maxkraft quasi garnicht. Use it or loose it. ;D
Heißt aber nicht, dass ich nicht stark werden könnte. Vielleicht steckt auch in mir ein Kraftprotz.
 

matten

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ich habe hier das buch: "schnellkraftraining - theorie-methoden-praxis" von bernd pampus rumfliegen. ich habe da bisher nur drin geblättert, kann also nicht alzu genau stellung beziehen.

das buch erwähnt übrigens in der einleitung, daß der autor die verschiedentlich geäußerte kritik an der unterteilung in verschiedene erscheinungsformen der kraft, wie sie hierzulande gebräuchlich ist, durchaus als berechtigt betrachtet. im weiteren bezieht er sich jedoch auf genau dieses modell, welches auch meiner ansicht nach in der praxis durchaus eine gewisse brauchbarkeit an den tag gelegt hat.

wie dem auch sei; folgende abhängigkeiten bzw. wechselwirkungen die schnellkraft betreffend stellt pampus auf seite 45 schematisch dar:

quelle: bernd pampus, "schnellkraftraining - theorie-methoden-praxis", aachen, 1995

--> weiter gehts im 2. beitrag
 

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matten

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der autor bezeichnet die maximalkraft als basisfähigkeit der schnellkraft und führt im folgenden verschiedene trainingsmethoden zur verbesserung der maximalkraft an, welche uns aber auch ersteinmal nicht weiter interessieren sollen:

- maximalkrafttrainingsmethoden zur vergrößerung des muskelquerschnitts
- maximalkrafttrainingsmethoden zur verbesserung der willkürlichen aktivierungsfähigkeit

darauf folgend schildert der autor verschiedene methoden zur verbesserung der schnellkraft (ebenda s. 59 und folgende)

hierbei unterscheidet er zwei typen von methoden:

Typ 1: Bewegungsausführung mit hoher Anfangsbeschleunigung zur Verbesserung des Start- und Explosivkraftverhaltens;
Typ 2: Bewegungsausführungen mit progressiver Beschleunigung und entsprechender kraftbildung zur Realisierung der höchstmöglichen Endgeschwindigkeit auf dem verfügbaren Bewegungsweg.

interessant ist jetzt hierbei, daß der autor für alle vorgestellten methoden der beiden typen pausen von ca 10 sekunden zwischen den einzelnen wiederholungen empfiehlt, um eine optimale erregung des nervensystems und des muskels zu gewährleisten, die nicht von ermüdungserscheinungen beeinträchtigt wird. (vergl. ebenda s. 60)

durch diese pausen würde dann meiner ansicht nach auch der dehnungsreflex als hier, für den zweck des trainings, in frage gestellter faktor wegfallen, auch wenn es trotzdem noch eine gewisse vorspannung in der muskulatur geben wird, was aber wiederum auch bei einem powerlifter gegeben sein wird, weil er die hantel ja nicht, soweit ich mich hier nicht irre, komplett auf der brust ablegt.

wenn man dem autor also bezüglich seiner empfehlung glauben schenken kann, dann ist der von cyclon demonstrierte speedsatz ohne pausen zwischen den wiederholungen, eventuell wirklich nicht die wirksamste herangehensweise, um die explosiv- bzw. schnellkraft oder wie auch immer zu verbessern.

eine methode ohne pausen zwischen den einzelnen wiederholungen findet sich bei dem autor erst bei den trainingsmethoden zur verbesserung der schnellkraftausdauer. (vergl. ebenda s. 68) bei dieser methode empfiehlt er zwischen 10 und 20 wiederholungen mit einer intensität von 40-70% des konzentrischen kraftmaximums.

der speedsatz von cyclon scheint mir also eher in diese richtung zu gehen.

wie dem auch sei: ich möchte keinesfalls das angesammelte erfahrungswissen der powerliftinggemeinschaft in frage stellen und wenn dieses erfahrungwissen besagt, daß ein speedsatz, wie der von cyclon ausgeführte, zu einer verbesserung der fähigkeit, bei einem maximalkraftversuch die hantel möglichst schnell von der brust wegzubekommen, führt - dann bin ich gerne bereit dieses zu glauben.

ich finde es beim hantelsport, welcher spielart auch immer, gerade sehr schön, daß ein großer bestandteil an erfahrungswissen zum erfolg verhelfen kann.

vielleicht wäre es aber auch ein nicht unerheblicher vorteil, wenn ein powerlifter auch mal pausen zwischen den einzelnen wiederholungen macht. ;)


p.s.: ich habe bisher, wenn ich auf schnellkraft trainierte eigentlich immer sehr kurze pausen zwischen den wiederholungen gemacht, um mich psychisch auf eine explosive und beschleunigte wiederholung einzustimmen. dafür reichten mir jedoch 2-3 sekunden. daß diese herangehensweise bei mir zu einer verbesserung der schnellkraft führte ist für mich persönlich bewiesen.
 

MarmorStein

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Matten schrieb:
wie dem auch sei; folgende abhängigkeiten bzw. wechselwirkungen die schnellkraft betreffend stellt pampus auf seite 45 schematisch dar:
Ja, das ist in etwa auch meine Ansicht, auch wenn ich Startkraft nicht als einzelnes „Gebilde“ nehmen, sondern mit Explosivkraft gleichsetzen würde. In diesem Zusammenhang würde ich der Explosivkraft folgenden zusätzlichen Einflussfaktor geben: „Fähigkeit zur willkürlichen Aktivierung eines großen Faserpotentials (=>motorische Einheiten) beim Kontraktionsbeginn“. Ich selbst sehe nämlich den Unterschied zwischen einem großen Faserpotential und möglichst vielen motorischen Einheiten nicht. Den Unterschied in genanntem und gezeigtem Buch ist mMn das Wörtchen willkürlich.

Matten schrieb:
interessant ist jetzt hierbei, daß der autor für alle vorgestellten methoden der beiden typen pausen von ca 10 sekunden zwischen den einzelnen wiederholungen empfiehlt, um eine optimale erregung des nervensystems und des muskels zu gewährleisten, die nicht von ermüdungserscheinungen beeinträchtigt wird. (vergl. ebenda s. 60)

durch diese pausen würde dann meiner ansicht nach auch der dehnungsreflex als hier, für den zweck des trainings, in frage gestellter faktor wegfallen, auch wenn es trotzdem noch eine gewisse vorspannung in der muskulatur geben wird, was aber wiederum auch bei einem powerlifter gegeben sein wird, weil er die hantel ja nicht, soweit ich mich hier nicht irre, komplett auf der brust ablegt.
Hm, da kenn ich mich im PL nicht so aus und weiß auch nicht wies im Buch beschrieben ist: Geht man von einer beendeten Wiederholung (hier am Beispiel Bankdrücken) aus, wenn die Hantel auf der Brust liegt oder wenn man sie gerade gestemmt hat? Bezüglich zweiterem würde der Dehnungsreflex ja nicht wegfallen, da man ja „am falschen Ende“ pausieren würde.

Matten schrieb:
wie dem auch sei: ich möchte keinesfalls das angesammelte erfahrungswissen der powerliftinggemeinschaft in frage stellen und wenn dieses erfahrungwissen besagt, daß ein speedsatz, wie der von cyclon ausgeführte, zu einer verbesserung der fähigkeit, bei einem maximalkraftversuch die hantel möglichst schnell von der brust wegzubekommen, führt - dann bin ich gerne bereit dieses zu glauben.
Als ewiger Zweifler tue ich das nicht, einfach so zu glauben. Wenn man in ein Fitnesstudio schaut wird auch so einiges geglaubt und „darauf geschworen“, wo man sich möglicherweise ans Hirn fasst, wenn man sich nach heutigen Gesichtspunkten genauer damit auseinandersetzt.
Somit gilt für mich: Da ich kein PL bin kann ich das von PLs postulierte nicht nachvollziehen, und von außen betrachtet erscheint es mir nicht logisch. Somit nehme ich das postulierte zur Kenntnis und merke mir, dass scheinbar die Erfahrung zeigt, dass es funktioniert. Glauben tu ichs deshalb noch lange nicht, doch ich nehme die Möglichkeit, dass es so ist, zur Kenntnis.

Um den Punkt nochmals zu bekräftigen: Wie misst ein Powerlifter seine „Explosivität“? Woran merkt er, dass er „explosiver“ geworden ist? Hat er das „einfach im Urin“, dass diesmal einfach die Explosivität besser war? Wenn er schon vorher mit der Erwartung ins Training geht, „mann ich hatte wieder Speed-Sätze, jetzt werd ich explodieren“, dann tritt erstens möglicherweise ein Placebo-Effekt ein oder er ist gar nicht explosiver geworden, aufgrund der Stimmung und Erwartung spürt er aber, dass es viel besser war als letztes mal (=> das Gehirn trickst ihn aus).
Ich sage nicht, dass dem auch tatsächlich so ist, nur dass ich mir das gut vorstellen könnte.

Wursti schrieb:
Laut oben geposteter Evidenz liegt nichts brach. Man lernt es nur zu koordinieren.
Dann haben wir vielleicht etwas aneinander vorbei geredet. Für mich gehört die optimierte Aktivierung „brach liegender“ Muskelzellen zur Verbesserung motorischer Programme, denn da sie ja nicht wirklich "brach liegen", müssen sie "nur" angesteuert werden.

Wursti schrieb:
Höchstens Schmidtbleicher zitiert in "High-powered Plyometrics" von Radcliffe/Farentinos:"Training with a prestretch and activating neuromuscular components improves the efficiency of neural actions and muscular performance."
(Zitiert aus Schmidtbleicher, Training for power events, 1992)
Und auf was bezieht er das?

Wursti schrieb:
Wir benutzen verschiedene Bedeutungen für Koordination. Ziel ist es nicht die Muskelfasern koordinativ an eine hohe Geschwindigkeit anzupassen, sondern in einem Zustand dynamischen Gleichgewichtes (also eines, das durch ausgleichende Muskeltätigkeit aufrecht erhalten wird) viel Kraft zu entwickeln. Bei isometrischem (mit unbewegbaren) Widerstand enfällt das.
Das kann ich nachvollziehen, allerdings bin ich auch der Meinung, dass „schwere“ Gewichte ein anderes Verhalten zeigen als „leichte“ Gewichte, ebenfalls besonders in Hinblick Bewegungsgeschwindigkeit. Zumal meine Erfahrung zeigt, bei einer schnelleren Bewegung ist auch die Last (=>Masseträgheit) stabiler. Mit schnellen Bewegungen und „leichter“ Last dupliziert man mMn nicht das Verhalten einer schwereren Last in langsamer Bewegung und die Stabilisationsarbeit bezüglich dieser. Dazu möchte ich Dich nochmal zitieren:
Wursti schrieb:
Es ist praktischen PL-Wissen, dass es etwas anderes ist 300kg als 100kg zu beugen, auch wenn beides das gleiche %RM für den Trainierenden darstellt.
Hier postulierst Du gar einen Unterschied allein durch die absolutlast, bei selbem xRM. Wenn die Veränderung allein der Last schon solche Auswirkungen hat, warum sollte dann die Veränderung der Last bei verändertem xRM genau das trainieren, was bei 1RM nötig ist?

Wursti schrieb:
Allerdings muss das logischerweise für hohe Realgeschwindigkeiten nochmal extra geschehen, eben wegen der koordinativen Geschichte. Das heißt mit geringeren Gewichten geht auch so einiges, aber mit weniger ZNS-Belastung + spezifisch.
Was für mich bis dato noch zu beweisen wäre. Und: ja eben, spezifisch für schnelle Bewegungen mit leichtem Gewicht, nicht für die Wettkampfübung.
Zudem: Da wir ja gerade über Explosivitätstraining im Powerliftig reden, sind die Wettkampf-Realgeschwindigkeiten ja eher im niedrigen Bereich anzusetzen, also kann ich Deiner Argumentation hier nicht ganz folgen.

Wursti schrieb:
Dagegen halte ich allerdings, dass es es immernoch die geschwindigkeitsspezifische Kraftzunahme gibt, die auch am Isokineten belegt wurde (steht irgendwo im Zatsi; leider verliehen --> keine Seitenangabe).
Definiere in diesem Zusammenhang „geschwindigkeitsspezifische Kraftzunahme“.
Zudem dumme Frage: Was oder wer ist „der Zatsi“?

Wursti schrieb:
Was korreliert gerade miteinander? Die gschwindigkeitsspezfische dynamische Maximalkraft und die Statische? Oder die Explosivkraft und die dynamische Maximalkraft?
Zweiteres. Ersteres wäre ja schwer Abhängig von der Muskelfaserzusammensetzung, da wie oben postuliert/angenommen, statische Maximalkraft unabhängig von der Faserzusammensetzung ist. Ist aber auch wieder eine Gedankenspielerei, nichts was ich belegen könnte.

VG, MarmorStein
 

matten

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MarmorStein schrieb:
Geht man von einer beendeten Wiederholung (hier am Beispiel Bankdrücken) aus, wenn die Hantel auf der Brust liegt oder wenn man sie gerade gestemmt hat? Bezüglich zweiterem würde der Dehnungsreflex ja nicht wegfallen, da man ja „am falschen Ende“ pausieren würde.

ja, man geht in dem buch davon aus, daß die pause zwischen den wiederholungen (bei unserem beispiel bankdrücken), an dem ende erfolgt, an dem die hantel auf der brust liegt.
methoden zur verbesserung des reaktiven kraftverhaltens, die explizit den dehnungs- verkürzungszyklus nutzen, indem der konzentrischen phase eine exzentrische phase vorgeschaltet wird, werden in dem buch an anderer stelle geschildert.

MarmorStein schrieb:
Als ewiger Zweifler tue ich das nicht, einfach so zu glauben. Wenn man in ein Fitnesstudio schaut wird auch so einiges geglaubt und „darauf geschworen“, wo man sich möglicherweise ans Hirn fasst, wenn man sich nach heutigen Gesichtspunkten genauer damit auseinandersetzt.

der einwand ist natürlich durchaus berechtigt.

allerdings gebe ich zu bedenken, daß im powerlifting zumindest eine regelmäßige leistungsevaluation bezüglich der wettkampergebnisse in standadisierter weise erfolgt. das hat man bei dem angedeuteten fitnesstudio-glaubensinhalten nicht.
das sagt natürlich noch nichts direkt bezüglich explosivität oder schnellkraft aus, ist aber trotzdem ein sehr wichtiger punkt, der das powerlifting vom freizeitpumper unterscheidet.

MarmorStein schrieb:
Wie misst ein Powerlifter seine „Explosivität“? Woran merkt er, dass er „explosiver“ geworden ist? Hat er das „einfach im Urin“, dass diesmal einfach die Explosivität besser war? Wenn er schon vorher mit der Erwartung ins Training geht, „mann ich hatte wieder Speed-Sätze, jetzt werd ich explodieren“, dann tritt erstens möglicherweise ein Placebo-Effekt ein oder er ist gar nicht explosiver geworden, aufgrund der Stimmung und Erwartung spürt er aber, dass es viel besser war als letztes mal (=> das Gehirn trickst ihn aus).
Ich sage nicht, dass dem auch tatsächlich so ist, nur dass ich mir das gut vorstellen könnte.

vorstellen kann ich mir das ebenfalls gut.

jedoch sehe ich als nichtwissenschaftler und somit als jemand, der nicht über die möglichkeiten verfügt standardisierte versuchsreihen durchzuführen, die eigene wahrnehmung als sehr nützliches werkzeug an, um aussagen über die individuelle wirksamkeit von verschieden trainingsmethoden treffen zu können.
es gibt aspekte, die man ohne großen aufwand selber messsen kann, wie z.b. das bewältigte gewicht, die anzahl von wiederholungen in einem zeitfenster, oder die nötige zeit, um eine bestimmte strecke zurückzulegen. dann gibt es aspekte, die man selbst sehr deutlich wahrnehmen kann, wie z.b. starke veränderungen in der bewegungsgeschwindigkeit - auch beim bewältigen eines gewichtes beim bankdrücken.
zudem gibt es aber aspekte, da hast du vollkommen recht, bei denen die eigene wahrnehmung sehr stark subjektiven charakter hat und schwer zu beurteilen ist.

wenn jedoch ein powerlifter das gefühl hat ein gewicht besser bzw. schneller von der brust wegzubekommen als wenn er bestimmte trainingsmethoden nicht verwendet, dann würde ich dieses gefühl auch nicht unterschätzen. immerhin weiß er ziemlich gut, wie es sich anfühlt, wenn ihm dieses mit leichtigkeit gelingt oder wie es sich anfühlt, wenn ihm dieses außerordentlich schwerfällt. wie stark diese wahrnehmung ausgebildet ist, ist natürlich auch eine sehr individuelle angelegenheit. letztlich wird es für ihn auch egal sein, ob hier ein placeboeffekt greift oder nicht - die hauptsache für ihn ist ersteinmal die erfahrung des "besser von der brust wegkommens".

nun wurden im powerlifting die erfahrungen mit besagten trainingsmethoden jedoch auch nicht nur von einer person gemacht, sondern von einer gewissen anzahl von powerliftern. das genügt natürlich noch lange nicht wissenschaftlichen ansprüchen, jedoch hat diese verfahrensweise ja auch schon vor der wissenschaftlichen betrachtung von sport zur leistungssteigerung beigetragen.
 
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