AW: Thesen aus Kralle / Workshop Muskelaufbau
Hi zusammen,
Lutz schrieb:
Vielleicht hat ja der ein oder andere Benutzer hier das oben genannte Buch schon einmal gelesen.
Ich werde dafür noch einen anderen Thread aufmachen, aber dann laß ich hier mal die Katze aus dem Sack: Das Buch stammt von mir. Falls jemand zweifelt: de-fortis und MarmorStein können es bestätigen.
Lutz schrieb:
Allerdings ist nach seinen Angaben ein zweimaliges Training pro Woche ausreichend, in welchem man sich im Großen und Ganzen auf drei Grundübungen beschränkt. Hier werden für jeden Muskel 20-30 Einzelwiederholungen durchgeführt.
Das habe ich nicht geschrieben. Richtig ist, daß ich im Groben 2TE pro Muskel pro Woche empfehle. Dabei berufe ich mich auf zwei Studien von Schmidtbleicher & Co, die keinen signifikanten Unterschied bzgl. Hypertrophie feststellen konnten zwischen 2 und 3 (und 4) TE pro Woche.
Von 3 Grundübungen steht auch nichts im Buch -- das erinnert mich mehr an den PITT-Basic-Plan oder den WKM-Plan. Ich plädiere für Grundübungen, weil man mit diesen mit relativ wenigen Übungen alle Hauptmuskelgruppen abdecken kann und sich nicht in endlosen Isos verzettelt. D.h. aber nicht, daß Isos "verboten" wären.
Und ich schreibe von 20-30 Gesamt-WH, die mMn in kleinen Clustern absolviert werden sollten. Das können Einzel-WH sein á la PITT, aber auch kleine Cluster mit bis zu 5WH. Das hängt von der Bewegungsgeschwindigkeit ab, da die energiereichen Phosphate in den Muskelzellen für rund 6-10sek reichen. Trainierst Du im Kieser-Style (4sek konz., 2 sek Höchstkontraktion, 4 sek exz.) würde ich Einzel-WH machen. Trainierst Du im Ronnie-Coleman-Rock'n'Roll-Style (1sek pro WH), kannst du mMn bis auf 5WH pro Cluster hochgehen.
Nimm meine Vorschläge nicht als die in Granit gemeißelten Gesetze, die der Weisheit letzten Schluß darstellen sollen, sondern als eine Richtlinie, die Du entsprechend Deiner Trainingserfahrung verändern/ergänzen/verkürzen kannst.
Lutz schrieb:
Die Progression läuft hierbei zunächst über die Anzahl der Wiederholungen, mit anderen Worten man beginnt mit 20 Wiederholungen und steigert in jedem Training um eine Wiederholung, bis man bei 30 Wiederholungen angelangt ist. Sodann wird eine einwöchige Trainingspause eingelegt und das Gewicht um 10 % (wobei an einer anderen Stelle des Buches von 5 % die Rede ist) erhöht.
Auch das ist ein Vorschlag, der für die meisten Menschen passen dürfte. Menschen mit hoher Trainingstoleranz können mehr Volumen trainieren, Menschen mit sehr geringer Trainingstoleranz soll(t)en/müssen weniger Volumen trainieren.
Die Erhöhung um 1WH ist ebenfalls ein Vorschlag, der für die meisten (insbesondere Anfänger) mEn paßt. Fortgeschrittene können das auch mit der von z.B. de-fortis favorisierten DFT kombinieren, indem das Volumen deutlich stärker erhöht wird für 2-3 wochen (z.B. um 3-5WH pro Training) als Load-Phase und das volumen dann um 50-70% des letzten Trainings der Load-Phase reduziert wird für 1 woche, bevor dann die Gewichte um z.B. 5% erhöht werden für den nächsten Zyklus.
Gemeint sind 5% Gewichtssteigerung. Die 10% haben sich da als Fehler eingeschlichen und haben selbst mehrfaches Korrekturlesen verschiedener Korrektoren überlebt ... SORRY dafür!
Lutz schrieb:
Jedoch spricht der Autor davon, dass sich mittlerweile in Studien herausgestellt habe, dass es für einen Muskelzuwachs ausreichend sei, mit Gewichten von 40-70 % des 1RM zu trainieren, was in etwa dem 10-30RM entspreche.
Um Muskelzuwächse zu generieren sind überschwellige Reize vonnöten -- bezogen auf die Intensität im sportwissenschaftlichen Sinne heißt das, daß mind. ca. 30-40% der Maxkraft abgerufen werden müssen. Insofern stellt dies die untere Grenze dar.
Nach oben hin bringen Lasten oberhalb 70-80% der Maxkraft aus meiner Erfahrung keinen weiteren Nutzen bzgl. Hypertrophie, da bereits ab 80% der Maxkraft aufgrund der umlaufenden Rekrutierung bereits alle Muskelfasern zum Einsatz kommen. Mehr als alle Fasern kann man nicht mechanisch belasten, traumatisieren und damit zum Wachsen anreizen.
Gewichte oberhalb von 80% der Maxkraft bringen "lediglich" (alle Gewichtheber und KDKer mögen mir das "lediglich" verzeihen
) eine verbesserte neuromuskuläre Koordination. Das aber ist für reinen Muskelaufbau nicht notwendig, sondern erhält seine Bedeutung erst im Zusammenhang mit Kraftfertigkeiten.
Und auch hier: Bitte differenzieren! Einem Anfänger rate ich dazu, mit 30-40% seiner Maxkraft das Training zu beginnen. Für einen (weit) Fortgeschrittenen hingegen werden diese Intensitäten unterschwellig sein. Wenn Du persönlich jetzt schon seit Jahren trainierst im Bereich des vielleicht 4-8RM, dann wäre es ziemlich blödsinnig, zukünftig mit dem 25-30RM zu trainieren und dir davon Zuwächse zu erhoffen.
Ich gehe aus meiner Erfahrung eh davon aus, daß nach 3 Jahren regelmäßigen und vernünftigen Trainings und Ernährung kaum noch bis gar keine Muskelzuwächse stattfinden. Und das Buch ist auf genau diese ersten 3 Jahre ausgelegt als (grober) Leitfaden, mit dem man mMn nichts verkehrt macht, da ich alle mMn für Hypertrophie irrelevaten Dingen über Bord geworfen habe bzw. positiv ausgedrückt: mich auf die wesentlichen Dinge konzentriere.
Lutz schrieb:
Oberhalb von 70 % des 1RM gebe es keine Vorteile mehr für einen Muskel- oder Kraftzuwachs.
S.o.
Und da hat sich ein weiterer Fehler eingeschlichen: Natürlich sind oberhalb von 70-80% der Maxkraft Kraftzuwächse zu verzeichnen -- das ist ja gerade das klassische neuromuskuläre Koordinationstraining. Bzgl. Hypertrophie: s.o.
Kilghard schrieb:
Wow, hört sich bei 20 nach PITT an, aber 30? Wohl eher Ausdauertraining. Zuwächse halte ich persönlich auch in diesem Bereich noch für möglich, erachte es aber rein gefühlsmäßig und mit Blick auf meine Vorlieben für zuviel. Bei 20 sollte definite Schluß sein.
Bedenke, daß wir hier von Gesamt-WH in Form von Clustern reden, NICHT von durchgehenden WH. Wenn jemand 2 Übungen für die Brust macht zu je 3 Sätzen á 10WH, hat er 60 Gesamt-WH.
Kilghard schrieb:
Nur denke ich, daß der Author zu weit mit den Gewichten runtergeht und mit den Wiederholungen zu weit rauf.
Wie gesagt: durch regelmäßiges Training verschiebt sich die Grenze für überschwellige Reize nach oben, ganz klar. Insofern ist die Richtlinie 40-70% so zu sehen, daß ein Anfänger bei 40% einsteigt, ein Fortgeschrittener hingegen eher bei 60-70% arbeitet oder sogar bis auf 80% hinaufgeht. Das ist aber mMn auch wieder abhängig von der Faserverteilung im jeweiligen Muskel.
Es gibt Menschen, die drücken als 1RM 160kg auf der Bank und machen mit 100kg (62,5% Maxkraft) 10WH. Es gibt aber auch welche, und einen kenne ich persönlich, die drücken 160kg 1-mal, aber 120kg (=75% Maxkraft) sage und schreibe 20-mal. Derselbe drückt(e) auch die 60kg 50-mal.
In diesen Bereichen wird die Gewichtswahl/-findung dann mehr zur Kunst als reine Tschenrechnerspielerei.
matten schrieb:
warum auch nicht? solange eine progression angestrebt und erreicht wird gibt es selbstverständlich auch forttschritte. ob diese nun optimal oder auch nur annähernd optimal sind ist natürlich eine frage der zielsetzung. für einen maximalkraftzuwachs ist das mit sicherheit eher suboptimal.
matten schrieb:
sobald man, wie bei pitt, pausen zwischen einzelnen wiederholungen einschiebt, wird man eines mit sicherheit nicht trainieren; die ausdauer (oder auch kraftausdauer), weil diese einfach nicht gefordert wird, wenn man sich zwischendurch immer mal wieder ausruht.
Ich glaube, hier müssen wir differenzieren, was wir womit meinen. Ausdauer meint ja generell, einen bestimmten Energiefluß für eine gewisse Zeit aufrechtzuerhalten. Also spielen insbesondere zwei Variablen eine Rolle:
1. der Energiefluß bzw. die Intensität der Belastung (z.B. Puls als Meßgröße)
2. die Dauer
Unter Ausdauer verstehe ich Aktivitäten, die mind. 5-10min ausgeführt werden (können) mit annähernd gleich hoher Herzfrequenz. Ich denke aber, daß Du das nicht meintest, da wir diesbezüglich im Krafttraining falsch wären.
Ich denke eher, Du meinst Kraftausdauer (korrigiere mich bitte, wenn ich falsch liege). wobei ich persönlich mit diesem Begriff ein bißchen auf Kriegsfuß stehe.
Denn Kraftausdauer spielt sich traditionell im Bereich von ca. 40-90sek hoher/höchster Belastung ab mit starker Übersäuerung des Körpers.
Insofern ist für das, was gemeinhin unter Kraftausdauer verstanden wird, vor allem folgendes verantwortlich:
1. hoher Anteil an FT-Fasern
2. hoher Anteil an gespeicherten energiereichen Phosphaten
3. hohe Laktattoleranz
Wir bewegen und also überwiegend bis fast ausschließlich im Bereich der anaeroben Energiegewinnung. Und hier kommt es jetzt mMn entscheidend darauf an, wie man ein Cluster- bzw. PITT-Training gestaltet.
Macht man es "traditionell" nach Cluster-HST-Herangehensweise -- also ein Cluster, dann 1-2min Pause bzw. in dieser Zeit weitere Cluster für andere Muskelgruppen -- wird der Effekt auf die Kraftausdauer sicherlich relativ gering sein/bleiben.
Macht man es hingegen nach PITT-Manier -- also immer nur so lange/kurz pausieren, bis man die nächste WH noch sicher schafft -- wird man mMn eine deutliche positive auswirkung auf die Kraftausdauer verzeichnen können, da der Körper dauernd an seiner Leistungsgrenze arbeitet bei einem insgesamt hohen Energiefluß (Laktat ist ja u.a. ein Zeichen für hohen Energiefluß).
So, dann mach ich gleich mal "den" offiziellen Buchthread auf -- Diskussionen dann bitte dort.
Viele Grüße
Doc